Steuern:Reiche Deutsche zieht es immer noch nach Luxemburg

Illustration: Stefan Dimitrov

Um Steuern zu vermeiden, müssen Unternehmen komplexe Systeme entwickeln. Illustration: Stefan Dimitrov

  • Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR tauchen 20 der 100 reichsten Deutschen mit Unternehmen im Handelsregister Luxemburgs auf
  • Dazu gehören bekannte Unternehmergrößen wie Klaus-Michael Kühne, Theo Müller, Alexander Otto oder die Familie Reimann.
  • Viereinhalb Jahre nach den sogenannten Lux-Leak-Enthüllungen zeigt sich damit, dass Luxemburg immer noch mit einer extrem niedrigen Steuerlast lockt.

Von Mauritius Much und Ralf Wiegand

Luxemburg ist noch immer der Finanzplatz der ersten Wahl für viele wohlhabende Deutsche, wenn es darum geht, Steuern zu vermeiden. Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR tauchen 20 der 100 reichsten Deutschen mit Unternehmen im Handelsregister des Großherzogtums auf, darunter solch bekannte Unternehmergrößen wie Klaus-Michael Kühne, Theo Müller, Alexander Otto oder die Familie Reimann.

Viereinhalb Jahre nach den sogenannten Lux-Leak-Enthüllungen zeigt sich damit, dass Luxemburg - entgegen allen Beteuerungen der dortigen Regierung, die eigene Finanzpolitik zu ändern - immer noch mit einer extrem niedrigen Steuerlast lockt. Im November 2014 hatten Reporter der SZ gemeinsam mit Kollegen des Internationalen Konsortiums Investigativer Journalisten (ICIJ) aufgedeckt, wie multinationale Konzerne ihre Steuerlast mithilfe von luxemburgischen Briefkastenfirmen zum Teil unter ein Prozent drückten.

Seitdem gab es immer wieder spektakuläre Datenlecks aus Steuerparadiesen, auch solchen in Europa. Dennoch existiert das Problem weiterhin. Pierre Moscovici, Finanzkommissar der Europäischen Union, beklagte im Gespräch mit SZ, NDR und WDR, dass Luxemburg noch immer "Vorteile für die aggressive Steuerplanung" biete. Die Zusammenarbeit mit der Regierung sei seit der Lux-Leak-Enthüllung zwar gut gewesen, aber obwohl es Fortschritte gebe, heiße das nicht, "dass alles erledigt ist".

Die Daten, die Reporter aus Deutschland, Frankreich und Belgien jetzt ausgewertet haben, stammen aus dem frei zugänglichen Handelsregister des Großherzogtums. Sie wurden im Zuge der Recherche so aufbereitet, dass sie nach Personen oder Anschriften durchsuchbar wurden. Auf diese Weise ließen sich zum Beispiel Firmen der Reimanns in Luxemburg recherchieren.

Die Reimanns gehören zu den verschwiegensten deutschen Milliardärsdynastien, die Marken ihrer Konzerngruppe aber kennt so gut wie jeder: Clearasil, Jacobs-Kaffee oder Colgate gehören dazu. Die Luxemburger JAB Holding Company, von den Reimanns 2011 gegründet, zahlte im Jahr 2017 auf rund 338 Millionen Euro Gewinn lediglich 1,1 Millionen Euro Steuern - weniger als ein halbes Prozent. Das Unternehmen teilte auf Anfrage mit, die in der Holding gebündelten Firmen würden in den jeweiligen Ländern Steuern zahlen; JAB sei nicht aus steuerlichen Gründen in Luxemburg. Der belgische Steuerexperte Denis-Emmanuel Philippe sagt dagegen, aus seiner Sicht gebe es "keinen offensichtlichen anderen Grund, in Luxemburg zu sein, als die gute Steuerumgebung".

Als Erfinder dieser "Steuerumgebung" gilt der scheidende EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der viele Jahre lang Regierungschef in dem Großherzogtum war. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn verteidigte sein Land gegen Kritik: "Ich glaube, Luxemburg hat gezeigt, dass es verstanden hat", sagte er angesichts der Recherchen von SZ, NDR und WDR. Sein Land gehe "auf eine andere Schiene", ohne dass der Finanzplatz oder die mit ihm verbundenen Firmen weggebrochen seien.

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