Kirchseeon:Saufgelage haben ein Ende

Nach zahlreichen Beschwerden: Kirchseeon beschließt eine Satzung, um trinkenden und pöbelnden Erwachsenen am Bahnhof Herr zu werden. Doch die Grünen haben Zweifel am Erfolg.

Carolin Fries

Klaus Seidinger, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler (FW) in Kirchseeon, sprach von "einer kleinen Szene, aber einer Szene". Dieser will man in Kirchseeon nun mit einer Satzung zum Verbot von nicht erwünschten Sondernutzungen Herr werden. Einstimmig beschloss der Gemeinderat am Montagabend, dass der Alkoholgenuss sowie das Anpöbeln von Passanten auf öffentlichen Plätzen künftig nicht mehr erlaubt ist. "Es soll keine Hexenjagd werden", so Seidinger. "Wenn ein Handwerker mittags Brotzeit macht und dazu eine Halbe Bier trinkt, wird ihn die Polizei schon sitzen lassen."

Die Freien Wähler haben den Erlass einer Satzung beantragt, da sich offenbar seit geraumer Zeit am Bahnhofsplatz, am Spielplatz bei der Kirche sowie auf dem Vorplatz eines Discounters erwachsene Menschen treffen, um gemeinsam Alkohol zu konsumieren. In Folge dessen haben sich Beschwerden im Rathaus gehäuft: Passanten und Mitarbeiter des gemeindlichen Bauhofs würden angepöbelt, es sei laut und "es ist einfach kein schönes Bild, das da von Kirchseeon entsteht", so Seidinger, der von "vielen Auswärtigen" sprach. "Allmählich wird's peinlich", befand auch Grünen-Gemeinderätin Christiane König.

König hatte allerdings Zweifel, ob ein Verbot alleine ausreiche. Sie schlug darum den Einsatz eines Sozialarbeiters vor, "vielleicht eine halbe Stelle". "Die Satzung ist nur der Anfang, hier müssen individuelle Lösungen gefunden werden", meinte sie. Auch SPD-Fraktionssprecher Thomas Kroll erkundigte sich nach zusätzlichen, sozialpädagogischen Möglichkeiten.

Bürgermeister Udo Ockel (CSU) aber sah "keinen personellen Spielraum". Man verweise an die Suchtberatung und andere Hilfseinrichtungen im Landkreis, "aber ich bin kein Anhänger von der Idee, denen einen Babysitter anzuschaffen". Es handle sich schließlich um erwachsene Menschen, die kapieren müssten, was erlaubt ist und was nicht. Er sprach zudem von einer anzunehmenden "Beratungsresistenz" dieser Klientel.

Mit der Satzung zum Verbot unerwünschter Sondernutzungen will der Gemeinderat den Mitarbeitern der Verwaltung und der Polizei ein Instrument in die Hand geben, um gegen die Szene in Kirchseeon vorzugehen. "Die Mittel sind allerdings beschränkt", räumte Ockel ein. Sie bestehen laut Satzung in Geldbußen, einem maximal 24-stündigen Platzverweis sowie als höchste Stufe in einem Aufenthaltsverbot. Ist Gefahr in Verzug, dürfen auch die mitgebrachten Getränke eingezogen werden. Nachdem die Ebersberger Polizeiinspektion bereits mitgeteilt hat, aus personellen Gründen nicht alle gemeindlichen Satzungen überprüfen zu können, hat Udo Ockel der Bundespolizei, welche für das Bahnhofsgelände zuständig ist, erlaubt, auch auf Gemeindegebiet tätig zu werden. Ockel berichtete, die Beamten hätten bereits Personalien aufgenommen, welche die Gemeinde an das Sozialamt weitergeben habe. Kirchseeons Jugendpfleger Rainer Schott sei nicht zuständig, betonte der Bürgermeister, da es sich um Erwachsene handle.

Die Satzung verbietet künftig nicht nur den Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit sondern auch das Betteln und Hausieren. Für Klaus Seidinger ein schöner Nebeneffekt, seien erst unlängst Rumänen in Kirchseeon von Haustür zu Haustür gezogen.

Mit dem Erlass der Satzung folgt Kirchseeon dem Beispiel von Grafing und Ebersberg. Dort hat man ebenfalls versucht, auf diese Weise das Ärgernis öffentlicher Saufgelage zu beenden. In Ebersberg war zudem ein Streetworker im Einsatz.

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