"Tatort": Unsterblich schön (BR):Ein Akt in Kakao

Eine Frau im Schönheitswahn liegt eines Tages tot im eigenen Schönheitsbad. Batic und Leitmayr müssen viel verhören - in einer ihnen fremden Welt. Ein wortlastiger Krimi am Sonntagabend.

Christopher Keil

Was macht eigentlich Robert Atzorn? Gute Frage? Jedenfalls ist Atzorn nicht mehr ganz so präsent, seit er keine Serienrollen mehr spielt. Als Tatort-Kommissar in Hamburg ist er vor zwei Jahren pensioniert worden, und wenn er nun im Münchner Tatort als Gegenspieler der beiden Kollegen und Platzhirsche Wachtveitl und Nemec auftaucht, ist das so, als habe er nie selbst ungefähr so ermittelt wie die beiden Kommissare mit dem bayerischen Zungenschlag. Der Tatort-Kommissar Atzorn kommt einem nicht in den Sinn, und das ist in diesem Fall gut.

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Krimi am Sonntagabend: "Tatort".

(Foto: ddp)

Was einem immer in den Sinn kommt, ist: ah, der Doktor Specht. Vielleicht wird er das immer bleiben, obwohl er es ja sehr lange nicht mehr ist. Atzorn ist stattdessen 65 Jahre alt, und man sieht ihm das nicht an. Aber trotzdem ist er 65. Er weiß, wie sich das Alter morgens anfühlt und vor allem, wie das Alter im Spiegel morgens ausschaut. Genau so spielt er jetzt ein alterndes Werbe-Model, und er spielt das wirklich gut.

In seiner Rolle ist er mit einer 20 Jahre jüngeren Frau verheiratet, die sich von Mama Botox spritzen lässt, die eine Agenda aus Diäten, Pillenkuren, und Hautschmierereien hat, dass es einem graust. Eines Tages liegt sie trotzdem tot neben ihrem Schoko-Beauty-Bad - ein Akt in getrocknetem Kakao. Madame war allergisch, pikanterweise auf Erdnüsse.

Dieser Tatort, den eine Frau geschrieben hat (Stefanie Kremser), trägt den Titel "Unsterblich schön". Es wird nicht gerannt und geschossen, es geht nicht um politische Intrigen, Waffenschiebereien, Kindesmissbrauch. Es geht nur um den Wahn der Schönheit - ein gesellschaftliches Thema, das auch auf den Wunsch nach ewiger Jugend zurückzuführen ist, der wiederum eine groteske Oberflächlichkeit in der Bewertung von Menschen ausprägt. Das soll hier die Lehre sein.

Und was machen Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl)? Sie verhören. Mehr passiert nicht. Sie verhören den sofort verdächtigen Ehemann natürlich, die Schwester, die Mutter, den Schwager. Sie verhören in Wohnungen, Studios, auf dem Revier. Es gibt ein paar Rückblenden, doch Bewegung entsteht durch die Dialoge. Was da angeboten wird, ist viel. "Auch Männer haben Verfallsdaten", sagt die Schokoladenfrau anfangs. Der ganze Rest dreht sich um Vergänglichkeit, und das muss man erst einmal aushalten.

Tatort, ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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