Alternativen zum Eichensarg:Stilvoller Abgang

Wer nicht will, dass das letzte, was andere von ihm sehen, eine massive Sargtruhe aus Eiche ist, hat es schwer: Stilvolle Alternativen für die ewige Ruhe sind rar.

Ulrike Bretz

Allzu viel Gestaltungsfreiheit hat ein Sargbauer nicht. Menschen sind in der Regel ähnlich groß und breit und haben eigentlich dieselbe Form. Im Tod sind wir alle gleich.

Stilvoller Abgang, Alternativen zum Eichensarg, Cocoon; Foto: Uono

Dafür lohnt es sich zu Sterben: Der Sarg "Cocoon" der Kölner Sargmanufaktur Uono.

(Foto: Foto: Ouno)

Im Leben aber sind wir es nicht. Die einen fühlen sich gut aufgehoben in wulstigen Ledersofas, vor braunem Fliesentisch mit Brokatdecke und Schrankwand. Die anderen verzichten auf Zierrat und schätzen Reduktion: Schlichte Metallregale, Eames-Chair, kalte Sichtbetonwand.

Mit dem letzten Atemzug ist diese Individualität ausgehaucht. Wer tot ist, kommt in eine Kiste - und die hat mit dem Verstorbenen nicht besonders viel zu tun. Bisher. Denn die Bestatterbranche versucht seit einiger Zeit, auf die persönlichen Wünsche der Verstorbenen und die der Angehörigen einzugehen. Die strengen Regeln weichen mehr und mehr auf: Särge werden bemalt, bei Trauerfeiern wird längst nicht mehr nur Orgelmusik gespielt.

Immer häufiger werden auch verrückte Wünsche umgesetzt - Autoliebhaber finden in Särgen, die wie Rennwägen aussehen, die letzte Ruhe, Weinliebhaber in riesigen Flaschen, Musiker in überdimensionalen Instrumenten. Unternehmen wie der britische Sargbauer Crazy Coffins haben sich genau auf solche ausgefallenen Formen spezialisiert. Weniger aufwendig, aber ebenso individuell ist das Angebot der britischen Firma Creative Coffins: Die Sargbauer drucken jedes beliebige Motiv auf die Truhe - Leopardenmuster, Golfbälle, die englische Flagge.

Trotzdem: So ein Abgang mag originell sein - stilvoll aber ist er nicht. Holzkiste bleibt Holzkiste. Auch, wenn es ein mit Sonnenblumen bunt bemalter Motto-Sarg ist. Eine massive Schrankwand wird auch nicht modern, nur weil man sie weiß anstreicht.

Von der Vielfältigkeit der Lebensstile ist im Bestattungsinstitut noch immer nichts zu spüren. Und selbst, wenn der Bestatter ein paar ausgefallene Designer-Modelle auf Lager hat: Die Hemmschwelle beim Endverbraucher ist groß, sagt Jörg Freudensprung, Inhaber des Bamberger Bestattungsinstituts Pietät: "Die Kunden sind an den Designerstücken interessiert - aber sie kaufen meist immer noch die klassischen Särge. Und die heißen: Altdeutscher Kiefernsarg, Eichenprunktruhe und Nussbaumsarkopharg.

Auf der nächsten Seite: Alternative Pappsarg - oder lieber gleich ins Ufo?

Todschick auf die letzte Reise

Und doch tut sich etwas in der Sargbranche. Rolf Lichter, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Bestatter, hat eine Veränderung ausgemacht: "Der Trend zum individuellen Sarg ist unverkennbar", sagt er, "das schwere Erdmöbel weicht leichteren Produkten." Dicke Eichensärge, an die 200 Kilogramm schwer, einige tausend Euro teuer, werden immer seltener gewählt. Särge aus Fichten- oder Tannenholz wiegen gerade mal 40 bis 60 Kilogramm und wirken deutlich filigraner.

Stilvoller Abgang, Alternativen zum Eichensarg, Ecopod; Foto: Ecopod

Mit Goldblättlein bedacht: Der Sarg der britischen Firma Ecopod wird aus Recyclingpapier hergestellt.

(Foto: Foto: Ecopod)

Leichter geht es nur aus Pappe. "Flamea", der Sarg des Regensburger Herstellers Nips, wiegt 8,7 Kilogramm. Er besteht zu 100 Prozent aus Zellulose, erfüllt die gesetzlichen Bedingungen und ist für etwa 350 Euro zu haben. Trotzdem finden solche schlichten Alternativen keinen Zuspruch. Viele Angehörige empfinden es als unwürdig, den Verstorbenen in Pappe auf die letzte Reise zu schicken.

Das Preisargument lassen Bestatter wie Freudensprung nicht gelten - für diese Summe gäbe es auch einfache Kiefernsärge. In den Pappsärgen sieht der Bamberger ein "Verkommen der Trauerkultur": "Die Särge sind oft ausgebeult, weil der Verstorbene nicht ganz reinpasst. An den Kanten kann man reinsehen."

Todschick auf die letzte Reise

Bessere Chancen dürften zwei Alternativen haben, die erst vor wenigen Jahren auf den Markt gekommen sind. Die eine kommt aus Köln, von der Sargmanufaktur Uono. Cocoon heißt das Modell, und es verspricht "vollendete Geborgenheit". Cocoon sieht aus wie ein flachgedrücktes glänzendes Ei. Hergestellt wird diese letzte Ruhestätte aus Pflanzenfasern und Naturharz, lackiert in einem von 14 wählbaren Farbtönen, von Reinweiß über Purpurviolett und Taubenblau bis Tiefschwarz - und vor allem Ipod-Liebhaber dürften sich davon angesprochen fühlen. Er sieht ein bisschen aus wie ein Ufo - eine passende Umgebung für eine Reise in eine andere Welt. 3000 Euro kostet das Modell, von dem Hersteller Andreas Spiegel seit 2005 mehrere hundert verkauft hat - ein Nischenmarkt.

Mit einer Holztruhe hat auch der Ecopod nicht viel zu tun, den die Britin Hazel Selene auf den Markt gebracht hat. Sie formt in ihrer Manufaktur die Särge aus Recyclingpapier, Seide und Maulbeerblättern und färbt sie in bunten Farben. Auf Wunsch stattet sie die Särge innen mit Federn aus. Der Ecopod kostet runde 800 Euro. Wünschen die Kunden, dass der Sarg mit Blattgold belegt wird, müssen sie mit 1200 Euro rechnen.

Der Ecopod hat nur einen Nachteil: Er erinnert stark an einen Autodachträger für Ski. Aber einen Haken gibt es sowieso immer - schließlich muss man erst sterben, um in einem Sarg zu liegen. Auch wenn er noch so stilvoll ist.

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