Ägyptens Ministerin Faisa Abul Naga:Auf dem Weg ins Außenministerium

Faisa Abul Naga ist Ministerin für Entwicklungszusammenarbeit in Kairo und hat maßgeblichen Anteil daran, dass gegen vier amerikanische Nichtregierungsorganisationen und gegen die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung ermittelt wird. Durch ihren zur Schau getragenen Patriotismus ist sie zur Heldin geworden - und könnte bald schon ein sehr bedeutsames politisches Amt antreten.

Tomas Avenarius, Kairo

Ägypten dreht sich seit dem Sturz von Hosni Mubarak lustvoll im Kreise. In Frage gestellt wird so ziemlich alles, auch die internationalen Beziehungen. Das amerikanisch-ägyptische Verhältnis könnte unter diesem bisher ziellosen Selbstfindungsprozess ebenso leiden wie die langjährige Freundschaft zu Deutschland: Neben 16 Amerikanern sind in Kairo zwei Deutsche angeklagt worden. Der Vorwurf: Mit ihrer Pro-Demokratie-Arbeit hätten die politischen Stiftungen gezielt Zwietracht im revolutionären Ägypten gesät.

Das Verfahren hat Faisa Abul Naga, Kairos Ministerin für Entwicklungszusammenarbeit, in eigener Initiative auf den Weg gebracht. Sie soll die Richter angeregt haben, gegen vier amerikanische Nichtregierungsorganisationen und gegen die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung zu ermitteln. US-Präsident Barack Obama ist darüber so erzürnt, dass er mit dem Ende der Militärhilfe für Kairo droht. Auch in Berlin ist man verstimmt.

Ob den regierenden Generälen die anti-westlichen Ausfälle der Ministerin gefallen, ist unklar. Die einen sagen, die Offiziere seien froh, die Öffentlichkeit vom eigenen innenpolitischen Versagen ablenken zu können. Andere vermuten, selbst der Vorsitzende des Obersten Militärrats, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, könne die "eiserne Lady" nicht mehr zügeln.

Denn Abul Naga ist durch ihren zur Schau getragenen Patriotismus zur Heldin geworden: 99 von hundert Ägyptern gehen auf die Barrikaden, wenn sie internationale Einmischung in die Angelegenheiten ihres Heimatlands vermuten. Wer hingegen zur Vernunft aufruft, der wird als Agent der Amerikaner, Briten oder Israelis verdammt.

Abul Naga trifft also den Nerv, wenn sie die betroffenen US-Institutionen als "Instrumente der jüdischen Lobby" schmäht. Die 60-Jährige, bekannt für ihren Sieben-Tage-die-Woche-Arbeitsstil, hat ihre Laufbahn 1975 begonnen. Ihre Karriere führte nach einem Studium der Politik- und Betriebswirtschaftslehre in verschiedene Positionen im Außenministerium - bei den Vereinten Nationen in New York und in Genf.

Später beriet sie Außenminister Amr Moussa, wurde Assistentin von Butros Butros Ghali, als der Ägypter als UN- Generalsekretär amtierte. 2001 berief Staatschef Mubarak die Karrierefrau ins Kabinett, als Ministerin für internationale Entwicklungszusammenarbeit.

Abul Naga verfügt über hervorragende Kontakte. Sie zählte nicht nur zu Mubaraks Vertrauten, sondern saß auch regelmäßig mit Präsidentengattin Suzanne beim Tee. Obwohl die Revolution auf dem Tahrir-Platz das Ende des 30-jährigen Mubarak-Regimes bedeutete, setzte die Politikerin ihren Aufstieg fort: Neben der internationalen Zusammenarbeit ist sie nun auch für das Portfolio "Staatliche Planung" verantwortlich. "Sie ist eine herausragende Diplomatin", hatte ihr früherer Chef Amr Moussa einst über Abul Naga gesagt. "Sie wird ihren Weg machen."

Bleibt abzuwarten, wohin der Weg führt: Amr Moussa gilt derzeit als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat in Ägypten. Sollte er den Job des Außenministers zu vergeben haben, könnte er an seine Ex-Mitarbeiterin denken.

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