Nach Spott über NSU-Anschlag:Ex-NPD-Funktionär verurteilt

"Tod dem Döner, es lebe die Nürnberger Bratwurst": So kommentierte ein früher NPD-Funktionär auf Facebook einen Mord der rechtsradikalen NSU. Jetzt wurde er von einem Gericht verurteilt - und auch die NPD distanziert sich von dem ehemaligen Gastwirt.

Katja Auer

Gänzlich falsch verstanden hat sich ein früherer NPD-Funktionär gefühlt, der am Donnerstag vor dem Amtsgericht Nürnberg erscheinen musste. Im November 2011 hatte er auf seine Facebook-Seite ein Foto gestellt, das jene Nürnberger Imbissbude zeigt, in der am 9. Juni 2005 die Mitglieder des rechtsradikalen Nationalistischen Untergrunds (NSU) Inhaber Ismail Yasar erschossen. "Tod dem Döner, es lebe die Nürnberger Bratwurst", hatte er darunter geschrieben. Und: "Wenn wir Glück haben, verschwinden erst die Dönerbuden und dann der Rest von der Mischpoke."

Bundesanwaltschaft ermittelt im Polizistenmord

In dieser Imbissbude wurde Ismail Yasar erschossen. Ein früherer NPD-Mann kommentierte das so: "Tod dem Döner, es lebe die Nürnberger Bratwurst."

(Foto: dpa)

Ein "lustig gemeinter Eintrag" sei das gewesen, auch wenn er eingesehen habe, dass er geschmacklos war. Richter Bernd Kirchhof erkannte darin etwas anderes: Volksverhetzung. Er verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von vier Monaten, auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Dass der Eintrag im Internet von ihm stammte, gab der frühere Gastwirt zu. Gegen Türken habe er damit aber nicht hetzen wollen, ließ der 47-jährige Mann nun seinen Anwalt vor Gericht erklären, und auch die Opfer habe er nicht verhöhnen wollen.

Lediglich eine Aversion gegen Dönerbuden habe er damit ausdrücken wollen, weil es davon in Nürnberg so viele gebe, dass die Stadt ihm verwehrt habe, einen eigenen Imbissstand zu eröffnen. Und der Ausdruck "Mischpoke", der stamme aus dem Jüdischen und bedeute "Familie, Gesellschaft, Bande". Ganz wertneutral.

Soviel Sprachkenntnis beeindruckte allerdings weder die Staatsanwältin noch den Richter. "Ich bezweifle ihre jetzige Interpretation", sagte Staatsanwältin Ulrike Pauckstadt-Maihold und forderte eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten, ausgesetzt zur Bewährung auf drei Jahre.

Der Angeklagte, der früher stellvertretender Kreisvorsitzender der Nürnberger NPD war, 2009 für den Bundestag kandidierte und 2008 für die "Bürgerinitiative Ausländerstopp" auch für den Nürnberger Stadtrat, habe mit seinen Äußerungen türkischen Mitbürgern das Lebensrecht abgesprochen und den Nährboden begründet für Exzesse gegen Ausländer. "Das Ganze hat den Rechtsfrieden gestört", sagte sie.

Es ist eindeutig, dass sie nicht gegen Döner, sondern gegen Ausländer gewettert haben", sagte Richter Kirchhof. Die Bewährung bekomme er nur deshalb, weil er den Eintrag nach zwei Tagen von sich aus wieder gelöscht habe. "Das lässt mir den Restfunken Hoffnung, dass sie den Scheiß jetzt lassen", sagte Kirchhof. Der 47-Jährige hatte sich entschuldigt, ebenfalls im Internet und bei der SPD-Landtagsabgeordneten Helga Schmitt-Bussinger, die ihn angezeigt hatte, sowie beim Nürnberger Migrationsrat.

Bei seinen Parteifreunden kam der Eintrag gar nicht gut an. Die NPD, die sich um möglichst große Distanz zu den NSU-Morden bemühte, warf den ehemaligen Funktionär sogleich aus der Partei. Er habe die NPD verlassen und alle Ämter niedergelegt, sagt der Mann vor Gericht. Freilich gebe es noch Leute, "die ich hin und wieder auf ein Bierle treffe" und auch die eine oder andere Veranstaltung besuche er. Das sei ja nicht verboten. Zuletzt wurde er auf einer Kundgebung von Rechtsextremisten in Fürth gesehen.

Es war nicht sein erster Auftritt vor Gericht. Zuletzt wurde der Mann 2010 wegen Beleidigung verurteilt. Damals hatte er Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly und Arno Hamburger, den Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde, der Volksverhetzung bezichtigt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: