Formel 1 in Bahrain:Rennwagen und Schützenpanzer

Eine Rennstrecke als Hochsicherheitszone: Das Königshaus in Bahrain lässt Truppen aufmarschieren und Panzer rollen, damit das Spektakel in Manama nicht von Protesten gestört wird. Die Golfregenten sehen hinter dem Aufstand das schiitische Nachbarland Iran.

Elmar Brümmer, Manama, und Tomas Avenarius, Kairo

Im Fahrerlager nahm der Kronprinz den Mund voll: "Ich kann garantieren, dass sich keine Attacke gegen die Formel-1 richtet." Bei seinem Auftritt an der Seite von Renn-Boss Bernie Ecclestone gab sich Prinz Salman bin Hamad al-Chalifa dann auch mehr als Sportsmann denn als Politiker: "Das Rennen ist das Rennen. Wir sind hier, um zu zelebrieren."

Formel 1 in Bahrain: Polizist vor einem Werbeplakat für den Grand Prix - das Rennen ist das wichtigste internationale Ereignis in Bahrain.

Polizist vor einem Werbeplakat für den Grand Prix - das Rennen ist das wichtigste internationale Ereignis in Bahrain.

(Foto: AP)

Aber wenn die Ferraris und McLarens am Sonntag um den Formel-1-Ring kurven und bei der Siegerehrung die Frucht-Champagner-Korken knallen, dürften auf den Straßen der nahen Hauptstadt Manama nicht nur Freudenschüsse zu hören sein: Bahrains Opposition, deren Proteste blutig unterdrückt werden, begreift den internationalen Renn-Zirkus als Chance, das Medieninteresse auf die Zustände in dem Inselstaat am Persischen Golf zu lenken.

Im Zuge des arabischen Frühlings hatten sich im Frühjahr 2011 auch Bahrains Schiiten erhoben. Sie stellen mit 70 Prozent die Bevölkerungsmehrheit, werden aber vom sunnitischen Königshaus der al-Chalifa regiert und politisch benachteiligt. Seither sollen bei Protesten mindestens 50 Menschen umgekommen sein. Hunderte wurden inhaftiert, Oppositionelle zu langen Haftstrafen verurteilt.

2011 wurde das Rennen wegen des Schiitenaufstands kurzerhand abgesagt, zur Verärgerung des Königshauses. Am Sonntag wird gefahren - nach langem Gezerre zwischen dem Formel-Eins-Organisator Ecclestone und den Rennställen. Die Opposition begreift, dass dies das Medieninteresse für einige wenige Tage auf ihr Land lenkt: Das kleine Land spielt in der internationalen Berichterstattung über die arabischen Aufstände kaum eine Rolle. "Wir nutzen das Rennen, um unsere politischen und demokratischen Forderungen herauszustellen", sagt Abdeldschalil Chalili von der Wifak-Partei. Die Oppositionspartei hatte eine Protestwoche vor dem Rennen angekündigt: "Standhaftigkeit und Herausforderung". Die letzten drei Tage vor dem Rennen firmieren als "Tage des Zorns".

Man suche zwar die Öffentlichkeit, erklärte die Partei. Das Rennen selbst werde man aber nicht behindern. Die Opposition muss das eigentlich auch nicht tun: Die Regierung hatte in den vergangenen Monaten wenige Journalisten ins Land gelassen; wegen des Formel-Eins-Rennens kommen Hunderte Reporter aus aller Welt in die Hauptstadt Manama.

Golfmonarchien stehen zum Regime

Zusätzlich aufgeheizt wird der Konflikt zwischen dem sunnitischen König und der schiitischen Bevölkerungsmehrheit durch den inzwischen achtwöchigen Hungerstreik des inhaftierten Oppositionellen Abdelhadi al-Chawadscha; er wird offenbar zwangsernährt und soll inzwischen vom Tod bedroht sein. In den vergangenen Tagen war es zu Zusammenstößen zwischen Oppositionellen und Sicherheitskräften in Manama und den umliegenden Schiiten-Dörfern gekommen. Am Freitag wurden rund um die Rennstrecke und in Manama selbst neue Truppen und Schützenpanzer stationiert.

Formel 1 in Bahrain: Muslima bei einer Demonstration zur Absage des Rennens: Die Oppositionspartei hatte eine Protestwoche vor dem Rennen angekündigt. Die letzten drei Tage vor dem Rennen firmieren als "Tage des Zorns".

Muslima bei einer Demonstration zur Absage des Rennens: Die Oppositionspartei hatte eine Protestwoche vor dem Rennen angekündigt. Die letzten drei Tage vor dem Rennen firmieren als "Tage des Zorns".

(Foto: AFP)

Das Rennen ist das wichtigste internationale Ereignis in dem Golfstaat. Bahrain hat keine eigenen Erdölreserven, zudem sind nur die Hälfte der etwa eine Million Einwohner Bahrainer. Die anderen 500 000 sind Ausländer: hochbezahlte westliche Experten und asiatische Billig-Gastarbeiter. Die Insel dient als Stützpunkt der 5. US-Flotte, die viele tausend Mann stationiert hat und so Geld ins Land bringt. Zudem versucht das Königreich, zum internationalen Finanz- und Dienstleistungszentrum zu werden: Der Renn-Ring dient auch der Imagepflege.

Während die Weltöffentlichkeit das Königshaus wieder deutlicher kritisiert, stehen die benachbarten sunnitischen Golfmonarchien zum Regime. Truppen des Golf-Kooperationsrats GCC hatten 2011 geholfen, den Aufstand zu unterdrücken. Den sechs GCC-Staaten wird vorgeworfen, die Aufstände in Ländern wie Syrien anzuheizen, über Bahrain aber zu schweigen. Wichtige Golf-Medien wie die Sender al-Dschasira und al-Arabija und oder die Zeitung Asharq al-Awsat berichten über den Konflikt weit weniger als über andere arabische Aufstände.

Die Golfregenten sehen hinter dem Aufstand in Bahrain das schiitische Nachbarland Iran. Beweise gibt es keine; nach der iranischen Revolution 1979 hatte Teheran aber versucht, seine Ideologie zu exportieren und auf Bahrains Schiiten gesetzt. Das Verhältnis zwischen Iran und GCC ist durch den Atomstreit ohnehin belastet. Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat zudem jüngst eine umstrittene Insel im Persischen Golf besucht: Abu Musa gehört zusammen mit zwei weiteren Inseln zu Iran, wird aber von den Vereinigten Arabischen Emiraten beansprucht. Irans Militär erklärte, es werde die Inseln "gegen jede Invasion" verteidigen. Die Golf-Staaten versicherten darauf, der Rat betrachte "jede Aggression gegen die Emirate" als Angriff gegen alle GCC-Staaten.

Auch die westlichen Staaten halten sich mit Kritik an Bahrain zurück. Washington hat wegen seiner Flotte kein Interesse an einem Regimewechsel, der das Land näher an Iran führen könnte. Andere Staaten, auch Deutschland, beschränken Kritik auf ein Minimum.

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