Paul Kalkbrenner auf dem Königsplatz:Laut war's! Na und?

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Was soll der aktuelle Protest wegen des angeblich zu lauten Konzerts von Paul Kalkbrenner auf dem Königsplatz? Spießergehabe? Konnten einige nicht ungestört den Familienfilm "Eine Liebe in den Highlands" schauen? München sollte besser nicht ins Kleinbürgerliche verfallen.

Karl Forster

Oft hat ein Seufzer, deiner Harf' entflossen, / Ein süßer, heiliger Akkord von dir / Den Himmel bessrer Zeiten mir erschlossen / Du holde Kunst, ich danke dir dafür." So dichtete Franz von Schober in "An die Musik" - und sein Freund Franz Schubert schrieb herrliche Musik dazu.

250 Anrufern bei der Polizei war es zu laut: das Konzert von Paul Kalkbrenner auf dem Königsplatz. (Foto: C3795 Felix Hörhager)

Es waren aber weder Harf' noch süße Akkorde, die am Samstagabend den Königsplatz und weite Teile der Stadt beschallten, sondern, wenn schon nicht die Posaunen von Jericho, so doch zumindest die Techno-Orgien des DJs Paul Kalkbrenner. Und als Nachhall des Ereignisses dröhnt jetzt die Diskussion durch die Stadt, ob denn das nun seine Richtigkeit habe mit dem Open-Air-Getöse.

Denn Ruhe ist nicht nur des Bürgers erste Pflicht, sondern oft auch erster Wunsch, vor allem, wenn zeitgleich im ZDF der Familienfilm "Eine Liebe in den Highlands" läuft. Diese Art von Kulturkampf ist nicht neu, längst ergraute Freunde der holden Kunst erinnern sich an ihre Jugendzeit, als ihnen die Eltern beim ersten Ton von "Satisfaction" entgegenschleuderten: "Mach die Musi aus!!!" Die Musik zumindest hat sich weiterentwickelt, vor allem in ihrer Kraft der Luftdurchdringung. Niederfrequente Bässe stimulieren nicht nur die Zwerchfelle der Hip-Hopper, sondern legen sich, begünstigt durch Wind und Wetter, wie ein schwerer Soundteppich über die Lee-Gebiete der Monsterboxen und verdammen die Menschheit zum Mithören.

Ist der aktuelle Protest also Spießergehabe? Er wäre berechtigt, fänden solche Freiluftpartys allwöchentlich statt. Als singuläre Ereignisse aber sollte eine Stadt wie München solche Feste großzügig dulden anstatt (millionen-)dörfliches Kleinbürgertum zu pflegen. 1981 sangen Simon and Garfunkel vor 500.000 Menschen im New Yorker Central Park; zwar nicht Schubert, sondern - unter anderem - Bach. Aber laut war's auch. Proteste unterblieben.

© SZ vom 06.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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