Jürgen Trittin im SZ.de-Video-Interview:"Die Grünen sind nach links gerückt"

Von wegen neue Bürgerlichkeit: Jürgen Trittin, Spitzenkandidat der Grünen für die Bundestagswahl, hält seine Partei noch immer für links. CDU-Wähler will er trotzdem gewinnen. Seiner Vorsitzenden gratuliert er zur Wiederwahl: "Diese Partei schätzt Claudia Roth."

Michael König und Thorsten Denkler, Hannover

Jürgen Trittin, Spitzenkandidat der Grünen, hat dem Eindruck widersprochen, die Grünen würden sich nach rechts orientieren, um bürgerliche Wähler der Mitte zu erreichen. Seit dem Ende der Regierungsbeteiligung der Grünen 2005 sei seine Partei "ein ganzes Stück nach links gerückt", sagte der Spitzenkandidat für die Bundestagswahl im Video-Interview mit SZ.de. Das sei auch der Erkenntnis geschuldet, dass unter Rot-Grün "bei den notwendigen Strukturreformen das Gebot der sozialen Gerechtigkeit nicht hinreichend beachtet worden ist".

Trittin sieht wichtige Themen der Grünen inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Fast drei Viertel der Gesellschaft seien für einen gesetzlichen Mindestlohn, 80 Prozent sagten, es gehe in dieser Gesellschaft ungerecht zu. Sie "wollen, das in der Wirtschaft mehr auf die Umwelt geachtet wird."

Für die Grünen gehe es jetzt darum, die gesellschaftlichen Mehrheiten für linke, grüne Themen "in politische Mehrheiten" umzusetzen. Bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und besonders in Baden-Württemberg sei das bereits gelungen. Trittin zeigte sich zuversichtlich, dass die Grünen dieses Ziel auch in Niedersachen Ende Januar erreichen könnten.

Trittin warnte jene in der Partei, die die Grünen weiter rechts positionieren wollen. "Parteien links der Mitte werden im Wesentlichen wegen ihrer Programme gewählt, das gilt für die Grünen insbesondere." Darin liege die eigentliche Mobilisierungskraft der Grünen.

Die wiedergewählte Parteichefin Claudia Roth sieht Trittin durch deren schlechtes Urwahl-Ergebnis nicht beschädigt. "Die Entscheidung darüber, wer uns in die Auseinandersetzung, möglicherweise in die Verhandlungen um die Regierung führt, ist kein Votum gewesen gegen ihre Rolle und ihre Fähigkeit als Parteivorsitzende." Das habe die Partei mit übergroßer Mehrheit deutlich gemacht.

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