"Love Is All You Need" im Kino:Allein unter Dänen

Mit Dean Martin geht alles besser: Für "Love Is All You Need" peppt Susanne Bier das Hollywood-Rezept für romantische Komödien ordentlich auf. So hat Pierce Brosnan eine Psychomacke und Trine Dyrholm Krebs, als sie erstmals aneinanderrumpeln.

Susan Vahabzadeh

Kinostarts - 'Love is all you need'

Philip (Pierce Brosnan), der Vater des Bräutigams, und Ida (Trine Dyrholm), die Mutter der Braut, reisen gemeinsam an die Amalfi-Küste.

(Foto: dpa)

Neben Ida sehen die meisten Unglücksraben, die Jack Lemmon gespielt hat, aus wie echte Siegertypen. Trine Dyrholm spielt sie mit der naiven Zuversicht eines Stehaufmännchens - die Frau weigert sich rundheraus, so abgebrüht zu sein, wie sie eigentlich sein müsste. Sie hat Brustkrebs, eine Brust wurde ihr abgenommen, ihr Arzt schlägt ihr eine Rekonstruktion vor. Ida winkt ab. Ihr Mann Leif habe eh nicht gemerkt, dass eine fehle. Zuhause würde sie Leif dann gerne erzählen, wie es beim Arzt war, aber der ist beschäftigt: Er liegt gerade mit seiner 20-jährigen Geliebten auf dem Sofa, von der Ida bis dato noch nichts wusste. Und, ach ja, der Originaltitel verrät es schon: Sie ist Friseuse, seit der Chemotherapie leider eine mit Glatze.

So beginnt Susanne Biers "Love Is All You Need", den Tonfall gibt Dean Martin vor: Es wird nur eine einzige Sache gutgehen, die aber zu den Klängen von "That's Amore" und frohen Mutes. Ida wollte mit Leif zur Hochzeit ihrer Tochter nach Italien fahren, aber so wie die Dinge liegen, reist sie allein. Im Parkhaus am Flughafen rauscht sie in ein Auto - und der Typ, der am Steuer sitzt, hat den selben Weg: Sie hat sich mit dem kleinen Unfall bei einem künftigen Verwandten vorgestellt: Phillip (Pierce Brosnan) ist britischer Unternehmer mit Hauptsitz in Dänemark - und der Vater des Jungen, den die Tochter heiraten will. Ein eher verknöcherter Typ, nicht der richtige Ansprechpartner für einen hysterischen Anfall.

Er mit seiner Psychomacke, sie mit ihrem Krebs

Die Dänin Susanne Bier hat in diesem Frühjahr einen Oscar bekommen, für "In a Better World", ein Drama über Gewalt und Gewaltlosigkeit. Jetzt hat sie etwas ganz anders gemacht, aber mit viel Ambition: Sie hat sich für "Love Is All You Need " ein ziemlich typisches Hollywood-Rezept für romantische Komödien vorgenommen und dann alles ein wenig aufgepeppt. Im Grunde ist hier alles abgewandelt, was dem durchschnittlichen Europäer an durchschnittlichen Romantic Comedies ohnehin auf die Nerven geht - da müssen immer alle doch noch die Kurve kriegen.

Hier dagegen sind nicht alle Beziehungen für die Ewigkeit gemacht, und manche Gags wären in Hollywood verboten - viel zu gewagt. Sowas ist Susanne Bier egal, und sie hat vielleicht genau den richtigen Weg gewählt, die Geschichte anzugehen: Sie wollte erst einmal einen Film machen, in dem Krebs vorkam. Und erst in zweiter Instanz setzte sie sich in den Kopf, dieser Film müsse schamlos romantisch sein. Ist er auch, inklusive italienischer Villa, Zitronenhain und Gartenparty. Ideales Setting für einen sentimentalen Liebesfilm - aber hier ist eben alles ein bisschen ramponiert: Die Villa fällt fast auseinander, ein Haus in Kampanien, in dem Phillip früher mit seiner Familie gewohnt hat, als seine Frau noch lebte - seit sie tot ist, ist er nicht mehr er selbst. So hat er seine Psychomacke, und sie hat ihren Krebs, und ganz jung sind sie auch nicht mehr.

Nach ihrem ersten Aneinanderrumpeln finden Phillip und Ida dennoch Gefallen aneinander, zwei komplementäre Charaktere. Die hartnäckige Optimistin versucht, den Grübler zur knacken. Außerdem schweißt sie ein gemeinsames Feindbild zusammen: Immer mehr Irre reisen an. Aus dem Familienfest wird eine Schlacht der Peinlichkeiten, bei der Idas Sippe, als ihr untreuer Gatte mit seiner nuttigen Freundin aufkreuzt, erst einmal die Nase vorn hat, bis Phillips Schwägerin - Parika Steen gibt lustvoll die überhebliche Zimtzicke - alle überbietet. Manchmal lassen einen Hochzeit, Familienklamauk, Pierce Brosnan und das Flair der Mittelmeerküste vielleicht an "Mamma Mia!" denken; aber das hier ist dann doch ganz ernst gemeint. Das Leben ist nicht fair, und Ida mag ein Pechvogel sein - aber sie lässt sich nicht unterkriegen.

Den skaldede frisor, Dänemark 2012 - Regie: Susanne Bier. Anders Thomas jensen. Kamera: Morten Soborg. Mit: Pierce Brosnan, Trine Dyrholm, Molly Blixt Egelind, Sebastian Jessen, Paprika Steen. Prokino, 117 Minuten.

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