Nach Bombenfund in Bonn:Verdächtige Tasche löst Großeinsatz in Essen aus

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Alarm in Essen: Zwei Tage nach dem Bombenalarm in Bonn wird der Hauptbahnhof wegen einer verdächtigen Tasche für Stunden gesperrt, der Zugverkehr steht still. Eine Bombe findet die Polizei nicht - trotzdem wird der Vorfall wohl Konsequenzen für den Besitzer haben.

Zwei Tage nach dem Bombenalarm in Bonn hat eine verdächtige Tasche in Essen einen Großeinsatz ausgelöst und den Bahnverkehr lahmgelegt. Der Hauptbahnhof der Ruhrgebietsstadt wurde nach Polizeiangaben für mehrere Stunden gesperrt, nachdem eine Passantin das herrenlose Gepäckstück auf einem Bahnsteig entdeckt und gemeldet hatte.

Als sich nach Lautsprecherdurchsagen kein Besitzer meldete, wurde zunächst der Bahnsteig und später die erste Ebene des gesamten Bahnhofs gesperrt. Spezialisten röntgten die Tasche, konnten auf ihren Aufnahmen aber nicht erkennen, was sich im Inneren befand. Zudem schlug ein Metalldetektor an.

Nach bangen Stunden stand aber fest: Der Inhalt der grünen Sporttasche war harmlos. Darin enthalten waren unter anderem Kleidung, eine Schere und Plastikstifte, wie eine Sprecherin der Essener Polizei in der Nacht zum Donnerstag mitteilte. "Es waren keine Nägel, keine Drähte und keine gefährlichen Gegenstände wie etwa eine Bombe darin", sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Man habe die Tasche um kurz nach 20.30 Uhr mit einem Wassergewehr aufgeschossen. "Das ist analog, wie es in Bonn war", sagte er.

Die Essener Polizei sucht nun nach dem Besitzer der Tasche. Ihm drohe unter Umständen eine Anzeige wegen Vortäuschung einer Straftat, sagte eine Sprecherin. Videoaufnahmen am Bahnhof würden gesichtet. Ob es sich um einen üblen Scherz oder ein Versehen handelt, war am Abend völlig unklar.

Die Gleise vier bis sechs seien bis zum späten Abend gesperrt geblieben. Der Essener Hauptbahnhof liegt an der wichtigen Bahnstrecke von Hannover über das Ruhrgebiet ins Rheinland. Am späten Abend wurde die Verbindung wieder freigegeben. Nach dem Fund der Tasche waren die Züge über Gelsenkirchen umgeleitet worden. Zum Teil habe es erhebliche Verspätungen gegeben, sagte ein Sprecher der Bahn.

Keine Neubewertung der Sicherheitslage

Am Hauptbahnhof in Bonn war am Montag eine verdächtige Tasche gefunden worden, deren Inhalt sich als gefährlicher Sprengsatz herausgestellt hatte. Die Polizei fahndet in diesem Fall nach zwei Tatverdächtigen. Die Bundesanwaltschaft zog die Ermittlungen bisher noch nicht an sich. Sie sieht keine ausreichenden Anhaltspunkte für einen terroristischen Hintergrund.

Das Bundeskriminalamt warnt vor voreiligen Schlüssen. BKA-Präsident Jörg Ziercke sagte in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst", man stehe erst am Anfang der Ermittlungen. Die Kölner Polizei ermittle mit großem Nachdruck. Er habe volles Vertrauen in die Beamten. Spekulationen seien verfrüht. "Auch die allgemeine Terrorgefahrensituation hat sich nicht verändert", sagte Ziercke am Mittwochabend.

Auch für den CDU-Innenexperten Wolfgang Bosbach ist der Bombenfund keine Veranlassung, die Sicherheitslage in Deutschland neu zu bewerten. "Sie ist bereits seit geraumer Zeit anhaltend besorgniserregend", sagte Bosbach der Passauer Neuen Presse. Die verstärkten Sicherheitsmaßnahmen der vergangenen Jahre seien kein blinder Aktionismus, sondern dringend notwendig.

Bosbach verteidigte das Vorgehen der Ermittler in dem Fall. Es sei nicht voreilig gewesen, dass die Polizei nach dem Bonner Bombenalarm sehr schnell eine Verbindung zu Salafisten hergestellt habe. "Diesen Vorwurf sollte man der Polizei nicht machen, denn es ist auch nachvollziehbar, dass sie zunächst die Spur nach den Angaben des Zeugen konsequent weiter verfolgt hat", sagte er. Zudem ermittele die Polizei parallel in alle Richtungen weiter. Die Behörden hatten am Dienstag zwei zunächst festgenommene Männer wieder freigelassen, weil gegen sie kein Verdacht mehr bestand.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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