Steuererleichterung für Verheiratete:Weg mit dem Ehegattensplitting!

SPD-Chef Gabriel will das Ehegattensplitting abschaffen. Die Idee ist gut. Denn Frauen erschwert es den Entschluss, nach der Heirat berufstätig zu bleiben - erst recht, wenn sie Kinder haben.

Ein Kommentar von Daniela Kuhr, Berlin

Die Zeit nach Weihnachten ist bekannt dafür, dass manchmal Themen hochkochen, mit denen zuvor niemand gerechnet hatte. So war es jetzt auch mit dem FDP-Vorschlag, die Steuerklasse V abzuschaffen, weil sie Frauen benachteilige. Noch weiter ging SPD-Chef Sigmar Gabriel, indem er am Wochenende forderte, gleich das gesamte Ehegattensplitting zu beerdigen. Eigentlich ein alter Hut, dieser Vorschlag. Doch irgendwie hat er es bis heute nie ganz nach oben auf die Tagesordnung geschafft. Das ist bedauerlich.

Wenn es um die Förderung der Berufstätigkeit von Frauen geht - und darüber wurde nun wahrlich viel gesprochen im vergangenen Jahr - dann ist das Ehegattensplitting ein entscheidender Aspekt: Es setzt nämlich völlig falsche Anreize. Vor allem, indem es Frauen den Entschluss erheblich erschwert, auch nach der Heirat berufstätig zu bleiben. Erst recht, wenn sie Kinder haben. Vielen Befürwortern des Ehegattensplittings ist das vermutlich gar nicht so klar.

Ein schöner Gedanke

Es ist ja tatsächlich ein schöner Gedanke, der hinter dem Splittingtarif und der gemeinsamen Veranlagung steckt: Der Staat wollte das Versprechen von Mann und Frau belohnen, fortan persönlich und finanziell füreinander einzustehen. Wer wie viel Geld für den gemeinsamen Lebensunterhalt beisteuert, sollte keine Rolle spielen. Zumal der Ehepartner, der nicht berufstätig ist, sich ja ebenfalls verdient macht, indem er sich um Haushalt und Kinder kümmert.

Deshalb werden beim Splitting die Einkommen der Ehepartner nicht - wie bei Ledigen - getrennt betrachtet und jedes für sich besteuert, sondern addiert und durch zwei geteilt. Für jenen, der mehr verdient, bedeutet das letztlich, dass sein Einkommen mit einem niedrigeren Steuersatz belegt wird, als es seiner Gehaltshöhe entspräche. Für den anderen aber, der weniger verdient, hat es genau den gegenteiligen Effekt: Er, oder vielmehr sie (denn es ist ja meist die Frau, die weniger verdient) muss auf ihr Einkommen mehr Steuern zahlen, als es ihrer Gehaltshöhe in Wahrheit entspräche.

Solange das gesamte Geld in einem gemeinsamen Topf landet und beruflich wie privat alles läuft wie gehabt, spielt das womöglich keine große Rolle. Sollte die Frau aber eines Tages Anspruch auf Arbeitslosen-, Mutterschafts- oder Elterngeld haben, kann sich der höhere Steuersatz sehr wohl negativ für sie auswirken, da diese Leistungen an den Nettolohn anknüpfen.

Wie soll diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein?

Doch das ist noch gar nicht mal der Hauptpunkt, der gegen das Ehegattensplitting spricht. Es gehört vielmehr deshalb abgeschafft, weil es zu völlig widersprüchlichen Ergebnissen führt. So profitieren beispielsweise Ehepartner, die beide gleich viel verdienen, überhaupt nicht davon. Unterm Strich werden sie genauso besteuert wie ein lediges Pärchen.

Vorteile aus dem Splittingtarif entstehen erst dann, wenn einer der Partner mehr als der andere verdient. Und der Vorteil wächst, je größer der Unterschied ist. Am meisten profitieren also solche Ehen, in denen einer richtig viel verdient und der andere gar nichts. Sie haben die größte Steuerersparnis im Vergleich zur getrennten Veranlagung - schnell mal mehrere tausend Euro.

Gerechter wäre eine individuelle Besteuerung

Das allein wirft bereits die Frage auf, wie diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein soll. Ist denn eine Alleinverdiener-Ehe aus Sicht des Staates tatsächlich so viel förderungswürdiger als eine, in der die Frau ebenfalls arbeiten geht? Unabhängig davon, ob Kinder vorhanden sind? Vor allem aber stellt dieses seltsame Ergebnis die Frau, die beispielsweise nach der Babypause erwägt, wieder arbeiten zu gehen, vor ein ungeheures Problem: Sie weiß, dass sich ihre Arbeit erst dann lohnt, wenn sie mindestens den Steuervorteil wieder reinholt, der dem Paar künftig verloren geht. Mal ganz abgesehen von den Betreuungskosten, die erst dadurch anfallen, dass sie wieder berufstätig ist. Eben dieses Dilemma hält Frauen häufig von einer Erwerbstätigkeit ab. Ein Entschluss, der sich nicht zuletzt im Fall einer Scheidung bitter rächen kann.

Das Ehegattensplitting ist also wieder mal ein Beispiel dafür, dass auch eine gut gemeinte Idee schlecht sein kann. Gerechter wäre eine individuelle Besteuerung, bei der natürlich die Unterhaltspflichten zwischen den Eheleuten sowie gegenüber Kindern berücksichtigt werden müssen, etwa indem Grundfreibeträge übertragbar sind. Dann wären die Anreize zur Hausfrauen-Ehe beseitigt, und es bestünde für Frauen mehr Chancengleichheit. Zumindest im Steuerrecht.

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