Meteoritenschauer in Russland:Zahl der Verletzten steigt auf 950

Sie erlitten Schnittverletzungen von Scherben geborstener Fensterscheiben oder wurden von umherfliegenden Trümmerteilen getroffen: Fast 1000 Menschen sind durch einen Meteoriteneinschlag in Russland verletzt worden. Die Armee sucht nach Überresten des Meteoriten.

Über dem russischen Ural ist ein Meteoritenregen niedergegangen, durch den nach Angaben der Behörden fast 1000 Menschen verletzt wurden, darunter viele Kinder. In sechs Städten der Region seien Schäden registriert worden, hieß es. Wie der örtliche Gouverneur Michail Jurewitsch mitteilte, erlitten etwa 950 Menschen Verletzungen, als in der Oblast Tscheljabinsk im Ural Teile eines Meteoriten auf die Erde niedergingen. Durch die Druckwelle wurden zahlreiche Gebäude beschädigt.

Nach Behördenangaben war am Morgen ein Knall zu hören. "Dann gab es einen Blitz, ich sah ein Rauchfahne am Himmel und spürte die Druckwelle, die Fensterscheiben eindrückte", sagte ein Augenzeuge, der seine Freundin an einer Bushaltestelle in Tscheljabinsk verabschiedete. Alarmanlagen von Autos gingen los, und Mobiltelefone funktionierten nicht mehr richtig. "Ich war auf dem Weg zur Arbeit, und es war noch dunkel", sagte der 36-jährige Viktor Prokofjew aus Jekaterinburg. "Aber plötzlich war es taghell, und ich fühlte mich wie von Scheinwerfern geblendet."

Zahlreiche Anrufer hätten von Schnitten und Prellungen berichtet, teilte das örtliche Katastrophenschutzministerium in der Region von Tscheljabinsk der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge mit. Die Druckwelle habe die Fenster von Gebäuden bersten lassen. Zeugen sprachen von heftigen Explosionen.

In russischen Blogs wurden etliche Youtube-Videos verlinkt, in denen hell leuchtende Objekte, ähnlich riesiger Sternschnuppen, am Himmel zu sehen und laute Explosionen zu hören sind. Die Nachrichtensender Russia Today berichtet unter Berufung auf die russische Raumfahrtbehörde:

"According to preliminary estimates, this space object is of non-technogenic origin and qualifies as a meteorite. It was moving at a low trajectory with a speed of about 30 km/s."

Viele Menschen waren demnach von Scherben zersplitterter Scheiben getroffen worden. Teile des Meteoriten sollen auch in eine Schule von Tscheljabinsk eingeschlagen sein. Auch dort seien Menschen durch zerborstenes Glas verletzt worden.

Behörden ordneten die Schließung aller Schulen der Region an; das Leben gehe aber seinen gewohnten Gang. Wegen der Schäden sollten Betriebe und Einrichtungen ihre Mitarbeiter nach Möglichkeit zum Helfen nach Hause schicken, hieß es in einer Mitteilung der Verwaltung. Atomanlagen der Gegend seien nicht betroffen, teilte der Staatskonzern Rosatom laut Agenturberichten mit; dafür aber ein Markt des Düsseldorfer Metro-Konzerns. Zwei Mitarbeiter wurden durch Scherben leicht verletzt, in dem Großhandelsmarkt in der Stadt Tscheljabinsk seien zahlreiche Fenster geborsten, sagte ein Sprecher.

Wie Russia Today berichtet, sind derzeit 20.000 Helfer im Einsatz. Die russische Armee sucht nach den Überresten des Meteoriten. Und ist nach Angaben von Russia Today auch fündig geworden:

"Army units found three meteorite debris impact sites, two of which are in an area near Chebarkul Lake, west of Chelyabinsk. The third site was found some 80 kilometers further to the northwest, near the town of Zlatoust."

Vizeregierungschef Dmitrij Rogosin sprach sich für eine internationale Initiative zur Errichtung eines Schutzsystems aus, mit dem nicht nur frühzeitig vor gefährlichen Objekten aus dem Weltall gewarnt, sondern diese auch zerstört werden können. Weder Russland noch die USA hätten die Möglichkeit zur Abwehr solcher Objekte, meinte der für die Raumfahrt zuständige Politiker. Eine Kommission der russischen Rüstungsindustrie werde sich nun mit dieser Frage befassen, kündigte Rogosin an.

Mit einem anderen Himmelskörper, der die Welt der Astronomen in Atem hält, hat der mutmaßliche Meteorit über Russland allerdings nichts zu tun: mit dem Asteroiden 2012 DA14. Dieser wird am Freitagabend so nah an der Erde vorbeischrammen wie kein vorhergesagter Himmelskörper dieser Größe jemals zuvor. Um 20:24 Uhr Mitteleuropäischer Zeit soll der Asteroid mit einem Durchmesser von 50 Metern an unserem Planeten vorbeischrammen. Ein Einschlag von 2012 DA14 auf der Erde ist Wissenschaftlern zufolge jedoch ausgeschlossen. Asteroiden gelten als Überbleibsel der Entstehung unseres Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: