Abrisshaus an der Müllerstraße 6:OB Ude räumt Versäumnisse ein

Die Guerilla-Aktion einer Münchner Künstlergruppe in der Müllerstraße 6 hat zu einem heftigen politischen Streit um leer stehende Wohnungen in München geführt. OB Christian Ude schiebt der Verwaltung den schwarzen Peter zu - und muss erleben, wie sich die SPD gegen seine Pläne stellt.

Von Dominik Hutter

Die anarchische "Gorilla-Aktion" im maroden Wohnblock an der Müllerstraße 6 hat im Rathaus zu einer lebhaften Debatte über die Wohnungspolitik und den Leerstand städtischer Gebäude geführt. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) räumte ein, dass im Kommunalreferat in der Vergangenheit "offensichtlich ein Teil der städtischen Liegenschaften aus dem Fokus der Aufmerksamkeit gerutscht" sei - ein Vorwurf, der sich explizit nicht an den aktuellen Behördenchef Axel Markwardt (SPD), sondern an seine langjährige Vorgängerin Gabriele Friderich (Grüne) richtet.

Derartige Versäumnisse seien auch der Grund gewesen, warum der Stadtrat im vergangenen Jahr die Zuständigkeit für alle 60.000 städtischen Wohnungen auf die kommunalen Gesellschaften GWG und Gewofag übertragen habe. Für die CSU sind die Ereignisse rund um die Müllerstraße dennoch der "Offenbarungseid rot-grüner Wohnungspolitik".

"Die Stadtverwaltung hat sich nicht mit Ruhm bekleckert", erklärte auch Markwardt, der den jahrelangen Leerstand mehrerer Wohnungen in der Müllerstraße auf ein Hickhack zwischen den städtischen Referaten zurückführt. Die Behörden seien sich zehn Jahre lang nicht einig gewesen, wie mit den drei Häusern in der Müllerstraße 2 bis 6 weiter zu verfahren sei. Eines allerdings ist Markwardt ganz wichtig: Entgegen landläufiger Meinung stehe in dem 1958 errichteten Gebäude an der Müllerstraße 6 keine einzige Wohnung mehr leer.

Nach dem Stadtratsbeschluss vom vergangenen Herbst, mehrere Varianten für den Neubau des Blocks zu prüfen, habe man zumindest in der Hausnummer 6 alles kurzfristig vermietet - die Nacht-und-Nebel-Sanierung, bei der Aktivisten zu Pinsel und Spachtel griffen, habe nicht in leer stehenden Räumen stattgefunden. Lediglich im teilweise baufälligen Haus Nummer vier seien Wohnungen ungenutzt - dauert die Debatte an, will Markwardt aber auch hier eine Zwischenlösung prüfen.

In ganz München stehen nach einer Statistik des Kommunalreferats mehrere hundert städtische Wohnungen leer - allerdings aus sehr unterschiedlichen Gründen. So gibt es neben einer Art natürlicher Leerstandsquote, die Umzüge überhaupt erst ermöglicht, zahlreiche Fälle, in denen Häuser demnächst saniert oder abgerissen werden. Dass wie in der Müllerstraße Wohnungen zehn Jahre lang vor sich hingammeln, hält Markwardt allerdings für indiskutabel.

Zweckentfremdung durch die Stadt

In den Augen Udes handelt es sich schon um eine Zweckentfremdung durch die Stadt. Die Grünen wollen dem Problem Leerstand nun mit einer Task Force auf die Spur kommen - heftig verlacht von der CSU, die an die lange Regierungszeit des rot-grünen Bündnisses sowie die einst zuständige Referentin Friderich erinnert.

In der Müllerstraße 6 sollen nun die Handwerker anrücken, um das gesamte Haus provisorisch auf Vordermann zu bringen. Ude rechnet nicht damit, dass auf dem Grundstück vor 2015 oder 2016 etwas passiert - es sei also genug Zeit für eine Zwischennutzung. Wie es dann weitergeht, ist noch offen. Während sich CSU-OB-Kandidat Josef Schmid dafür ausspricht, den Erhalt aller drei Gebäude (Nummern 2, 4 und 6) intensiv zu prüfen, hält Ude allenfalls den Erhalt des großen Blocks mit der Nummer 6 für denkbar.

Was sinnvoll sei, müsse letztlich aber eine Untersuchung ergeben, deren Ergebnis dem Stadtrat im Herbst vorgelegt werden soll. Es handle sich um eine Abwägung, erklärte Ude: Wie viel zusätzlicher Wohnraum lässt sich für welchen Preis schaffen? Und wie viel bestehender Wohnraum müsste dafür weichen? Klar ist: Auch in einem Neubau seien keine Luxus-Appartements, sondern geförderter Wohnungsbau geplant.

Münchens SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann hält dagegen eine Sanierung der drei Gebäude angesichts der energetischen Standards für fast unmöglich. Die SPD werde ihre Politik der Schaffung von bezahlbaren Wohnungen fortsetzen. Pfaffmann stellt sich damit - nach dem Thema Klinik-Aufsichtsrat - innerhalb kürzester Zeit erneut gegen Ude. Der attestiert seinen Genossen nachvollziehbare und legitime Profilierungsbestrebungen im Vorfeld der Kommunalwahl. Und warnt: "Sie müssen nur aufpassen, dass sie sich nicht auch beim Wahlergebnis allzusehr absetzen."

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