TV-Satiriker Stephen Colbert:Alles für Schwester Lulu

Comedian Stephen Colbert Holds A Rally For Former GOP Candidate Herman Cain

Er ist der beste Wahlkämpfer für seine Schwester Elizabeth, die in South Carolina für den US-Kongress kandidiert. Dieses Archivbild zeigt den TV-Satiriker Stephen Colbert bei einer Veranstaltung im Januar 2012, als er bei der damaligen Vorwahl der Republikaner spaßeshalber als Kandidat antreten wollte.

(Foto: AFP)

Er thematisierte in seiner Show den Irrsinn des US-Wahlkampfs und wollte South Carolina als Senator vertreten: Stephen Colbert mischt sich gern ein. Nun macht der TV-Star Wahlkampf für seine Schwester Elizabeth. Ihr Gegner ist ein reuiger Ehebrecher.

Von Matthias Kolb

In seiner Show "The Colbert Report" verkörpert Stephen Colbert einen konservativen TV-Moderator mit klarem Weltbild: "Obama ist böse, die Republikaner sind gut." Im Präsidentschaftswahlkampf 2012 gründete er ein Super-Pac, um seinem Publikum zu zeigen, wie sehr Geld die Politik in Washington beeinflusst. Nun übernimmt Colbert eine andere Rolle: Er unterstützt seine Schwester Elizabeth, die für den Kongress kandidiert - und verspottet ihren Gegner Mark Sanford, den Amerika als Ehebrecher kennt.

Am 3. April widmete sich Stephen Colbert in seiner Satire-Show dem Vorwahlkampf der Republikaner in South Carolina: Die Konservativen hatten sich entschieden, den früheren Gouverneur Mark Sanford ins Rennen um den freigewordenen Sitz im Repräsentantenhaus zu schicken. Es sei doch großartig, witzelte Colbert, dass der Mann eine zweite Chance bekommt: "Er hat seine Frau betrogen und das Vertrauen der Wähler missbraucht." So etwas gebe es nur in Amerika - oder in Italien.

Zur Erinnerung: Sanford musste 2009 als damaliger Gouverneur eingestehen, dass er nicht - wie behauptet - "allein zum Wandern in die Appalachen" gefahren war, sondern sich mit seiner Geliebten in Argentinien aufhielt und tagelang unauffindbar war. Danach war Sanford als Vorsitzender der republikanischen Gouverneursvereinigung RGA zurückgetreten und auch seine geplante Kandidatur für das Weiße Haus war damit aussichtslos. Da ein Seitensprung samt Scheidung für einen Republikaner äußerst karriereschädigend ist, sind solche Frotzeleien kurz vor der Abstimmung am 7. Mai in den US-Medien normal.

Doch Colbert spottete nicht nur über "Bunga-Bunga-Mark", sondern lobt dessen Herausforderin: "Sie ist eine Demokratin, aber auch eine Geschäftsfrau, die Jobs geschaffen hat und weiß, was es bedeutet, drei Kinder mit einem Jahreseinkommen von 14.000 Dollar aufzuziehen."

Er wisse, wie gut diese Kandidatin sei, denn schließlich sei die Frau seine Schwester. Seine Wahlempfehlung rechtfertigte Colbert damit, dass der beliebte TV-Moderator Joe Scarborough, einst selbst republikanischer Abgeordneter, sich in dessen Sendung "Morning Joe" im liberalen Kabelsender auf MSNBC so positiv über Sanford geäußert hatte.

Doch in Wahrheit rührt der 48-Jährige seit Wochen die Werbetrommel für "Lulu", wie Elizabeth Colbert Busch in der Familie genannt wird. Bereits im Februar hatte er sich äußerst positiv über die Demokratin in seiner Show geäußert und er half ihr mit zwei Auftritten bei Spendengalas in New York und Washington auch, Geld für ihren Wahlkampf einzuwerben.

Hier hat Colbert Busch mittlerweile einen großen Vorteil. Mitte April wurde bekannt, dass sich Sanford im Februar zum wiederholten Mal dem Haus seiner Ex-Frau genähert und damit gegen Auflagen verstoßen hatte, die bei der Scheidung vereinbart worden waren. Der Ex-Gouverneur erklärte, er habe lediglich mit seinem Sohn den Super Bowl, das Finale der Football-Saison, im Fernsehen anschauen wollen. Die Folge: Sanford erhält von der Republikanischen Partei keine finanzielle Unterstützung mehr - ein solcher Vertrauensverlust ist eine Hiobsbotschaft für jeden Wahlkämpfer.

Bekannt für provokante Aktionen

Ob es an ihrem berühmten Bruder, dessen Show durchschnittlich 1,9 Millionen Menschen sehen und der bei Twitter fast fünf Millionen Follower hat, oder am Misstrauen der Republikaner-Basis gegenüber dem überführten Ehebrecher und ertappten Lügner Sanford liegt, ist kaum zu überprüfen: In Umfragen liegt "Lulu" mit neun Prozentpunkten vorn und ihr kämpferischer Auftritt beim einzigen TV-Duell am gestrigen Montagabend dürfte ihren Vorsprung nicht gefährden.

Democrat Colbert Busch looks over at former South Carolina Governor Sanford during the South Carolina 1st Congressional debate in Charleston, South Carolina

Elizabeth Colbert Busch, die für die Demokraten in den Kongress einziehen will, blickt beim TV-Duell zu ihrem Gegner hinüber. Der Republikaner Mark Sanford war einst Gouverneur von South Carolina.

(Foto: REUTERS)

Für das Washingtoner Insider-Blatt Politico glichen die 75 Minuten einem "Schlachtfest": Colbert Busch spielte auf Sanfords Untreue an. Dieser hingegen versuchte seine Gegnerin als "ultraliberal" darzustellen, die nur umsetze, was ihr Nancy Pelosi einflüstere - die Chefin der Demokraten im Repräsentantenhaus ist bei der politischen Rechten verhasst.

Die 58-jährige Colbert Busch, die sich selbst "Pragmatikerin" nennt, konterte mit dem Satz: "Niemand außer den Wählern von South Carolina erteilt mir Befehle." Und weil sie ihre Mitbürger und deren konservative Grundhaltung kennt, versicherte Colbert Busch dem Publikum, sie werde strengere Waffengesetze ablehnen und betonte auch, dass sie Obamacare, die 2012 beschlossene Gesundheitsreform, für problematisch halte.

Für ihren jüngeren Bruder, der in South Carolina aufwuchs, ist es nicht der erste Ausflug in die Politik. Mit seinem Förderer Jon Stewart, dem Moderator der "Daily Show", organisierte Stephen Colbert 2010 eine Demo "zur Wiederherstellung des gesunden Menschenverstands", die als Gegenaktion zu einem Aufmarsch der Tea Party gedacht war.

Im Sommer 2011 gründete er ein Super-Pac mit dem herrlich sinnlosen Titel "For a Better Tomorrow, Tomorrow" - diese Wahlvereine sind in der Lage, im Geheimen Spenden für eine Präsidentschaftskandidatur zu sammeln (mehr Details in diesem SZ-Text). Erst durch diese Aktion wurde vor allem jüngeren Amerikanern bewusst, welch großen Einfluss Geld in der US-Politik spielt.

Im Dezember forderte Colbert (bei seinem Kunstnamen wird das "t" nicht ausgesprochen) nach dem Rücktritt des republikanischen Senators Jim DeMint die Gouverneurin von South Carolina auf, ihn zu dessen Nachfolger zu bestimmen (mehr in diesem Süddeutsche.de-Wahlblog). Nikki Haley entschied sich jedoch für Tim Scott, der bisher den Kongress-Stimmbezirk rund um Charleston vertrat - und in dem nun Elizabeth Colbert Busch gute Chancen hat, obwohl South Carolina eigentlich eine Hochburg der Republikaner ist und bei der Präsidentschaftswahl 2012 für Mitt Romney stimmte.

Sollte die Demokratin bei der Wahl am 7. Mai wirklich gewinnen, würde dies an den Machtverhältnissen in Washington nichts ändern: Die Republikaner behielten ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus. Die größte Herausforderung für "Lulu" und ihren prominentesten Wahlkämpfer würde dann 2014 anstehen: Sie müsste beweisen, dass sie auch gegen einen Republikaner bestehen kann, dessen Biografie konservativen Wählern nicht so schwer vermittelbar ist wie jene von Mark Sanford.

Der Autor twittert unter @matikolb.

Linktipps: Das New York Magazine hat Mark Sanford beim Wahlkampf beobachtet und bilanziert seine wechselvolle Karriere. Slate.com hat in diesem Text erklärt, wieso es legal ist, dass Stephen Colbert in seiner Show Werbung für seine Schwester macht. Das beste Porträt über Colbert erschien Anfang 2012 im New York Times Magazine.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: