Urteil über Beschaffungskosten:Jobcenter muss Hartz-IV-Empfängern neues Bett für ihr Kind zahlen

Welche Möbel stehen Hartz-IV-Empängern zu und welche nicht? Eine alleinerziehende Mutter hatte geklagt, weil das Jobcenter ihr kein neues Bett für das Kind bezahlen wollte - das alte Gitterbett war einfach zu klein geworden. Das Bundessozialgericht hat nun im Sinne der Mutter entschieden.

Als "Sieg der Alltagsvernunft" hat der Paritätische Wohlfahrtsverband die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) begrüßt, das einer Hartz-IV-Bezieherin im Streit um die Bewilligung eines Jugendbettes für ihr Kind recht gegeben hat.

Das Gericht hat entschieden, dass Kindern ein Jugendbett als Erstausstattung zustehe, wenn das Kinderbett zu klein wird. Geklagt hatte eine alleinerziehende Mutter aus Freiburg. Sie hatte im Oktober 2010 die Kostenübernahme für das Bett bei der Behörde beantragt. Ihr Sohn sei aus seinem 1,4 Meter langen Gitterbettchen herausgewachsen, sodass ein neues Bett benötigt werde. Die Behörde lehnte jedoch ab. Das Argument: Bei dem Jugendbett handele es sich nicht um eine Erst-, sondern um eine Ersatzbeschaffung. Das neue Bett müsse die Mutter daher aus der Hartz-IV-Regelleistung bezahlen. Die Mutter kaufte daraufhin ein Bett für 272,25 Euro - und klagte.

In den Vorinstanzen war sie noch gescheitert. Die Vertreterin des Jobcenters Freiburg hatte auch vor Gericht argumentiert, ein Jugendbett sei eine Ersatzbeschaffung, da es ja ein Bett gebe: "Bett ist Bett", sagte sie vor dem Kasseler Gericht. Im Hartz-IV-Satz seien monatlich 5,10 Euro für Möbel enthalten. Diese könnten angespart werden, denn die Anschaffung eines größeren Bettes sei absehbar.

Ein Jugendbett sei hingegen eine erstmalige Anschaffung und dem Grunde nach angemessen, urteilte nun das höchste deutsche Sozialgericht. "Der Kläger benötigt zum ersten Mal in seinem Leben ein größeres Bett", sagte der Vorsitzende Richter. Das BSG entschied, dass das Jobcenter zur Erstattung verpflichtet ist. Den konkreten Fall verwies das Gericht an die Vorinstanz zurück. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg muss nun prüfen, wie hoch der Kostenerstattungsanspruch ist. Bei unangemessen hohen Ausgaben für das Jugendbett könne die Frau keinen vollen Kostenersatz beanspruchen.

Nicht ein Leben lang im Kinderbett

Nach der Geburt eines Kindes werden Hartz-IV-Empfänger für den Säugling einmalig die notwendige Ausstattung bezahlt, zum Beispiel für Möbel und Kleidung. Alle weiteren Kosten müssen sie aus dem Regelsatz decken. "Ich kann mein Kind nicht ein Leben lang im Babybett schlafen lassen", hatte die alleinerziehende Mutter gesagt.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, begrüßte die Entscheidung. Der Verband hatte mehrfach eine "überzogene Pauschalierung" in den Regelsätzen kritisiert: "Das Urteil ist ein Beleg für das Scheitern des Pauschalierungswahns in Hartz IV."

2010 hatte das BSG geurteilt, dass Kleidung für Hartz IV-Kinder aus dem sogenannten Regelsatz zu bezahlen ist. Wenn Schüler aus Hartz IV-Familien aber erstmals einen Schreibtisch mit Stuhl brauchen, gilt dies als Erstausstattung und wird vom Amt bezahlt. 41 Prozent der Alleinerziehenden erhalten Hartz IV, hat der Deutsche Gewerkschaftsbund ermittelt. Jedes fünfte Kind in Deutschland wachse bei nur einem Elternteil auf. Das Armutsrisiko sei hier besonders groß.

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