Aus von "Beckmann":Junger Wilder, müde geworden

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Ein wenig hat er sogar das Zuhören gelernt: Reinhold Beckmann. (Foto: dpa)

Reinhold Beckmann hat genug von den Talk-Debatten der ARD und tritt ab. Als junger Wilder war er ein echter Draufgänger, mit der Sportsendung "Ran" setzte er Maßstäbe. Insgesamt leistete der Moderator fürs deutsche Unterhaltungsgewerbe mehr, als man wahrhaben will.

Von Hans Hoff

Wenn Reinhold Beckmann singt, dann erzählt er gerne mal von einer Cabriofahrt mit der Liebsten: Die Musik von Adriano Celentano plärrt da aus dem Radio, und im Kofferraum liegt Berlusconi. "Schade, is' nur ein Traum", fügt der Liedermacher Beckmann hinzu, der mit seinen leicht sentimental anmutenden Schmunzelerinnerungen vorzugsweise kleine Bühnen erklimmt.

Beckmann, 57, singt und spielt in einer Band Gitarre. Ganz gut sogar. Manche sagen, er spiele besser Gitarre, als er talke. Natürlich ist das bösartiges Gerede, weil es nicht ganz der Lebensleistung eines Mannes gerecht wird, der fürs deutsche Unterhaltungsgewerbe mehr geleistet hat, als man gemeinhin wahrhaben will.

Dass Beckmann polarisiert, hat auch mit der Art zu tun, die lange seinen Plauderton und seinen Gestus auf Sendung beherrschte. Als typisch Beckmann galt dieses ziemlich einzigartige Fixieren des Gegenübers, das demonstrative Vorlehnen, dieses Fuchteln und das Einhaken ins Persönliche, das oft eine Spur zu penetrant wirkt.

Ins kollektive Bewusstsein drang das, als Beckmann in der Pro-Sieben-Show Switch reloaded parodiert wurde. Dort zeigte der Schauspieler Max Giermann einen Talkmaster, der in der Lage war, sich an den eigenen Worten so zu berauschen, dass er darüber vergaß, den Gästen zu lauschen.

Längst hat sich Beckmann von den Manierismen gelöst, längst bearbeitet er wichtige Themen meist sachlich und hat sogar ein wenig das Zuhören gelernt. Dennoch hat er jetzt angekündigt, seine nach ihm selbst benannte Talkshow Beckmann abzugeben, die Donnerstagabend läuft. 2014 will er aufhören, weil er "der Debatten über Sinn oder Unsinn der politischen Talkshows in der ARD einfach müde" sei.

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In Vergessenheit gerät, bei der Kritik an ihm, dass Beckmann - verheiratet, zwei Kinder - einst zu den jungen Wilden im Fernsehen gehörte. Mit Helge Schneider präsentierte er 1990 im WDR die Off Show, eine irre TV-Wundertüte, bei der niemand vorher wusste, was hinterher auf Sendung ging. Als junger Reporter war er zudem ein echter Draufgänger. Als er mal Boy George interviewen sollte und von der Pressedame des Sängers gebeten wurde, nicht über das Thema Drogen zu reden, fragte Beckmann natürlich genau danach.

Später krempelte er die Fußball-Berichterstattung um. Mit der Sat-1-Sportsendung Ran setzte er Maßstäbe, an denen er sich heute noch als Sportschau-Moderator orientiert. Weniger glücklich agierte er als Moderator von Unterhaltungsshows, die stets daran litten, dass der Norddeutsche zu kühl wirkte.

Lange schon ist Beckmann auch als Geschäftsmann erfolgreich. Mit seiner Firma Beckground sorgt er etwa dafür, dass Inas Nacht auf den Schirm kommt und befördert auch Olli Dittrichs neues Frühstücksfernsehen zum Erfolg. Gleichzeitig engagiert er sich mit seiner Initiative Nestwerk e.V. für Jugendliche aus sozial schwachen Stadtteilen.

© SZ vom 27.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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