NSA-Programm "Prism":Google und Facebook distanzieren sich von Überwachungsprogramm

Internetkonzerne sollen der US-Regierung Zugang zu ihren Daten gewährt haben. Google und Facebook bestreiten dies aber vehement und fordern, die Regierung müsse transparent agieren. Das Vorgehen des US-Geheimdienstes beschäftigt voraussichtlich auch den Innenausschuss des Bundestages.

Facebook und Google geben sich unwissend und besorgt: Beide Konzerne veröffentlichten Mitteilungen, in denen sie sich vom Überwachungsprogramm Prism des US-Militärnachrichtendienstes NSA distanzieren. Sie hätten nicht gewusst, dass die NSA Zugang zu ihren Daten habe.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg forderte die US-Regierung dazu auf, mit solchen Aktionen transparent und offen umzugehen. Er habe bis Donnerstag nichts vom Prism-Programm gewusst und hätte sich andernfalls gegen die Überwachung gewehrt, schrieb Zuckerberg in einer Facebook-Meldung.

Beinahe gleichlautend die wenige Stunden zuvor veröffentlichte Mitteilung aus dem Hause Google: "Wir verstehen, dass die Regierungen der USA oder anderer Länder Maßnahmen ergreifen müssen, um die Sicherheit ihrer Bürger zu gewährleisten", schrieb Google-Chef Larry Page am Freitag (Ortszeit) im offiziellen Unternehmensblog. Dazu zählten auch manchmal Überwachungsmaßnahmen. "Aber der Grad der Geheimhaltung um diese legalen Maßnahmen untergräbt die Freiheiten, die wir alle ehren und schätzen." Es müsse mehr Transparenz geben.

Page versicherte zudem, dass sein Unternehmen den US-Geheimdiensten das Abgreifen von Daten nicht bewusst ermöglicht habe. "Wir sind keinerlei Programm beigetreten, dass der US-Regierung oder einer anderen Regierung direkten Zugang zu unseren Servern ermöglicht", schrieb der Google-Chef.

Obama begründet Überwachung mit Bedrohung durch Terroristen

Zuvor hatte US-Präsident Barack Obama das Vorgehen der Geheimdienste verteidigt. "Man kann nicht 100 Prozent Sicherheit und 100 Prozent Privatsphäre und null Unannehmlichkeiten haben", sagte er mit Verweis auf die Bedrohung durch Terroristen.

Nach Berichten der Washington Post und des britischen Guardian haben der US-Geheimdienst NSA und die Bundespolizei FBI die Möglichkeit, direkt auf die Server großer Internetfirmen wie Google zuzugreifen. Sie könnten so die Internetaktivitäten von Nutzern weltweit überwachen und ihre E-Mails, Videos, Fotos und Verbindungsdaten einsehen.

Betroffen sind den Berichten zufolge neun Unternehmen, neben Google unter anderem auch Facebook, Microsoft und Apple. Dem Guardian zufolge wurden auf Grundlage der Internet-Auswertung schon mehr als 70.000 Geheimdienstberichte erstellt.

Auch der Innenausschuss des Bundestages wird sich seinem Vorsitzenden Wolfgang Bosbach zufolge mit der Internet-Überwachung durch den US-Geheimdienst beschäftigen. Er sei außerordentlich besorgt, sagte Bosbach der Welt zufolge. "Ich gehe davon aus, dass sich der für den Datenschutz zuständige Innenausschuss in allernächster Zeit mit dem Thema intensiv beschäftigen wird." Es bedürfe dringender Aufklärung. "Es ist völlig unklar, auf welcher Rechtsgrundlage das Verhalten von Internetnutzern ausgeforscht worden ist."

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte ein Einschreiten der Bundesregierung. Er erwarte, dass sie sich für einen Stopp solcher Überwachungsprogramme einsetze und dies auf höchster Ebene anspreche, sagte Schaar am Samstag im Westdeutschen Rundfunk. Schaar zeigte sich überrascht vom Umfang des Programms. Es sei fast von einer Totalüberwachung zu sprechen, sagte er mit Blick auch auf die Datenübermittlung von Flugreisenden und Finanztransaktionen.

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