EU-Finanzminister über Bankenpleiten:Aktionäre müssen ihre Banken künftig selbst retten

Skyline von Frankfurt am Main

Skyline von Frankfurt am Main: Steuerzahler sollen den Banken nicht mehr als Erste beispringen.

(Foto: dapd)

Entlastung für die Steuerzahler: Die Finanzminister der Europäischen Union einigen sich in der Nacht auf einheitliche Regeln zur Abwicklung von Pleite-Banken. Künftig müssen erst Besitzer, Gläubiger und Großanleger zahlen. Die Politik feiert den Beschluss als "Meilenstein".

Die EU-Finanzminister haben sich auf einheitliche Regeln für die Rettung oder Schließung von Krisenbanken geeinigt: Steuerzahler müssen damit nicht mehr für die Pleiten von Geldhäusern aufkommen. Künftig sollen zunächst Besitzer, Gläubiger und Großanleger bei einer Bankenpleite zahlen.

Das teilte die irische EU-Ratspräsidentschaft am frühen Morgen in Brüssel nach etwa siebenstündigen Beratungen mit. "Die Einigung ist ein Meilenstein in unseren Bemühungen, den Teufelskreis zwischen Banken und Staaten zu zerschlagen", sagte der irische Finanzminister Michael Noonan (hier die Abschlusserklärung als PDF).

Die obersten Kassenhüter gaben damit unmittelbar vor Beginn des zweitägigen EU-Gipfels am Nachmittag ein Signal, dass es mit dem Großprojekt einer europäischen Bankenunion vorangeht. Die Bankenunion soll nach Jahren der Krise für mehr Vertrauen in europäische Geldhäuser und Finanzmärkte sorgen.

"Das ist ein wichtiger Schritt", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Es gelte in der gesamten EU nun das "Prinzip, dass wir in Zukunft, wenn Banken in Schwierigkeiten geraten, nicht die Steuerzahler in erster Linie bezahlen lassen". Auch die Mitgliedstaaten müssten Verantwortung übernehmen. Sein französischer Amtskollege Pierre Moscovici sagte: "Das ist eine gute Einigung, die erlaubt, die Bankenunion aufzubauen und die Finanzstabilität in Europa zu erhöhen."

Kleinsparer sind "absolut sicher"

Die Regeln legen fest, wer letztlich bei einer Bankenschieflage zahlen muss. Neben dieser sogenannten Haftungskaskade, an deren Ende erst der Steuerzahler steht, ist ein Hauptpunkt der ab 2018 geltenden neuen Richtlinie, dass die Banken in nationale Abwicklungsfonds einzahlen müssen.

Der niederländische Minister und Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sagte, Kleinsparer mit Einlagen bis 100.000 Euro seien geschützt: "Sie sind absolut sicher." Vermögende Sparer und kleine Unternehmen mit Einlagen oberhalb der Grenze von 100.000 Euro sollen erst zum Schluss an der Reihe sein. Erstmals wurden Großanleger im Frühjahr in Zypern für eine Bankenrettung herangezogen. Die Staaten sollen nach deutschem Vorbild nationale Abwicklungsfonds aufbauen, in die die Banken selber einzahlen.

Die EU zieht damit die Lehren aus der Finanzkrise: Die EU-Kommission genehmigte in den Jahren 2008 bis 2011 Staatshilfen in Höhe von 4,5 Billionen Euro für angeschlagene Finanzinstitute. Durch die milliardenschweren Finanzspritzen gerieten Staaten wie Irland oder Spanien selbst in Bedrängnis. Der Beschluss sehe daher vor, dass die Aufsichtsbehörden frühzeitig bei maroden Banken eingreifen können, sagte Noonan, der als Vertreter der irischen Ratspräsidentschaft die schwierigen Verhandlungen leitete.

Eine erste Verhandlungsrunde der Minister war am vergangenen Samstag nach 19 Stunden in Luxemburg gescheitert. Umstritten waren bis zuletzt nationale Ausnahmen bei den gemeinsamen Regeln. Nun werden die Verhandlungen mit dem Europaparlament aufgenommen, das dem Gesetzespaket zustimmen muss. Die erste Lesung findet vermutlich im Herbst statt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: