Geldwäsche der Mafia in Windparks:Schmutzige Geschäfte mit sauberer Energie

Windkraft

Windige Geschäfte: Die italienische Mafia investiert vermehrt in Windparks.

(Foto: David Ebener/dpa)

Europol schlägt Alarm: Die italienische Mafia investiere zunehmend in die Ökostrombranche. Das lohnt sich doppelt für die sizilianischen Clans. Zum einen gibt es EU-Zuschüsse und Steuervorteile, zum anderen dient das windige Geschäft der Geldwäsche.

Von Ulrike Sauer, Rom

Vom einfachen Elektriker zum Milliardär ist es ein weiter Weg. Vito Nicastri legte ihn in Windeseile zurück. Bis die italienische Anti-Mafia-Behörde bei dem 57-jährigen Sizilianer im vergangenen April 43 Firmen aus der Ökostrombranche, 98 Immobilien, sieben Autos und Boote sowie 66 Konten sicherstellt. Vermögen im Wert von 1,3 Milliarden Euro wurde konfisziert - die größte Beschlagnahmung der italienischen Polizeigeschichte.

Der "König des Windes", wie Nicastri auf Sizilien genannt wird, war entthront. Für die Fahnder aus Palermo war es "ein Schlag ins Herz der grauen Zone von Cosa Nostra". Seit Jahren schon verfolgen sie die Unterwanderung der sauberen Energieherstellung durch die sizilianischen Clans. Mit Nicastri ging ihnen der dickste Fisch ins Netz. Der Elektriker aus Alcamo bei Trapani gilt als Strohmann des Paten Matteo Messina Denaro, der seit 1993 im Untergrund lebt und weltweit auf der Fahndungsliste der gefürchtetsten Verbrecher an vierter Stelle steht.

In Brüssel schlug nun auch die europäische Polizeibehörde Alarm. Die italienische Mafia investiere zunehmend schmutziges Geld in saubere Energien, warnte ein Bericht von Europol. Die Geldwäsche in grünen Projekten ist für die finanzkräftigen Paten besonders reizvoll. Ins Visier haben sie insbesondere die Windparks genommen. "Solche Projekte bieten attraktive Möglichkeiten, von großzügigen Zuschüssen der Mitgliedsstaaten und der EU sowie Steuervorteilen zu profitieren", schreibt Europol. Die Investitionen rentieren sich doppelt: Zum einen "beutet" die Mafia die Ökostromförderung für sich aus und schlägt Kapital aus der subventionierten Energiewende. Zum anderen ermöglichen sie es, "die Erträge der Kriminalität über legale Geschäfte zu waschen", so die Fahnder in Brüssel.

Dreiecksbeziehung zwischen Mafiosi, Unternehmern und Politikern

Nicastris Aufstieg zum größten Windkraftunternehmer Süditaliens illustriert das. Seine Karriere begann als Projektentwickler. Dank exzellenter Beziehungen zur sizilianischen Unterwelt und zu korrupten Lokalpolitikern und Beamten gelang es ihm, sich zu einem wertvollen Partner auch von ausländischen Multis zu machen, die in Sizilien und Kalabrien investieren wollten. Nicastri erledigte für sie die "Drecksarbeit": Er besorgte geeignete Ländereien, kümmerte sich um die notwendigen Genehmigungen und räumte die bürokratischen Hürden aus dem Weg. 15 bis 20 Millionen Euro kassierte der Mann für ein mittleres Windparkprojekt. Später arbeitete als Unternehmer in eigener Regie.

Sein Erfolgsgeheimnis: die Dreiecksbeziehung zwischen Mafiosi, Unternehmern und Politikern. Für die schmutzigen Geschäfte der Cosa Nostra beim alternativen Strom interessieren sich die italienischen Mafiajäger schon länger. In Trapani an der Küste Siziliens sind sie den "Herren des Windes" seit 2006 auf den Spuren. Die ersten Ermittlungsverfahren haben bereits zu rechtskräftigen Urteilen geführt. Die italienische Anti-Mafia-Behörde DIA warnt davor, wegen der Infiltrationen des organisierten Verbrechens die Förderung der Energiewende aufzugeben. "Alternative Energien sind die Zukunft. Wir dürfen ihre Unterwanderung nicht mit einem Stopp für Windkraft und Fotovoltaik bekämpfen", sagen die Fahnder.

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