FC Bayern im Trainingslager:Zukunftsfragen am Gardasee

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Dreierkette? Echte Stürmer? Falsche Stürmer? Zum Auftakt des Trainingslagers in Trentino macht der neue Trainer Pep Guardiola klar, dass er noch Zeit braucht, um die Mannschaft kennenzulernen. Nur eins ist jetzt schon klar: Er mag es nicht, wenn der Gegner den Ball hat.

Von Philipp Schneider, Riva

Nach 57 Minuten eilte Pep Guardiola das Treppenhaus wieder hinab, das er zuvor noch recht entspannt empor gestiegen war, ganz leger im weißen Hemd, nur den obersten Knopf geöffnet, unter den Achseln nicht die Andeutung eines Schweißflecks. Vor ihm postierten sich die Fotografen, vielleicht ein Dutzend, hinter ihm ein weiteres Dutzend. Die Fotografen rochierten hin und her, um sich zu positionieren, welch Spitzenmotiv: der Trainer im Treppenhaus.

Kennenlernen am Gardasee: Pep Guardiola (l.) und Franck Ribéry. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Und Guardiola erlaubte sich jetzt diesen kleinen Witz, "vor und zurück, vor und zurück", sagte er in fast akzentfreiem Deutsch. Er grinste dazu, dann sprintete er davon. Es wurde klar: An des Spaniers noch immer recht lückenhaftem Vokabular hat es nicht gelegen, dass er, der neue Trainer des FC Bayern, noch immer keine umfassende Auskunft gegeben hat, auf all die Fragen, die sich seit Tagen stellen. Guardiola kratzte sich am Arm, er rieb sich die Nase, mit der Zunge fuhr er sich durch die Lippen, vor allem aber: Er lächelte viel.

"Ich bin erst eine Woche hier, wir brauchen mehr Zeit, um uns kennenzulernen", sagte Pep Guardiola also, und wer wollte ihm das verdenken.

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Die Bayern haben am Donnerstag ihr traditionelles Quartier bezogen in Riva am Gardasee. Neun Tage Zeit verbleiben Guardiola hier, um den Spielern zu vermitteln, weswegen das System der zuletzt besten Klubmannschaft der Welt geändert werden muss, damit es irgendwie auch das System Guardiola werden kann. "Ich habe eine Idee. Nun muss ich die Spieler davon überzeugen", sagte er. Und diese Idee sei eben, dass "ich es nicht mag, wenn die gegnerische Mannschaft den Ball hat".

Also strebt er doch das beim FC Barcelona zur Vollendung getriebene System des maximalen Ballbesitzes und ewigen Kurzpasspiels an, das seinen Ursprung manchmal in einer Dreierkette in der Abwehr fand? "Vielleicht, vielleicht. Mit der Dreierkette haben wir im Test noch viele Fehler begangen. Aber das ist gut."

Schon bei seinem Amtsantritt in der vergangenen Woche hatte Guardiola erzählt, dass die Qualität des Kaders eine entscheidende Rolle gespielt habe bei seiner Entscheidung für die Bayern. Inzwischen habe er einige "sehr intelligente" Spieler kennengelernt, schwärmte er, und dabei konnte er ja noch nicht einmal die drei zuletzt beim Confed Cup in Brasilien beschäftigen Profis Javier Martinez, Dante und Luiz Gustavo gemeint haben, die erst am 17. Juli in München das Training aufnehmen werden. Mitgereist sind dafür die verletzten Bastian Schweinsteiger und Mario Götze, die frühestens am Montag den Ball an ihren Füßen spüren sollen.

Und auch Mario Gomez ist dabei, der Stürmer, den die Bayern wohl gerne nach Italien exportieren würden, obwohl er in 174 Spielen immerhin 115 Tore erzielt hat. Als Guardiola während der Pressekonferenz am Donnerstag mit der soeben erst bekannt gewordenen Neuigkeit konfrontiert wurde, wonach der an Gomez interessierte AC Florenz lieber noch etwas länger um die Ablöse pokern möchte statt den Transfer zu fixieren, gab sich der Trainer durchaus gewitzt: "Das ist jetzt für mich auch neu. Vielen Dank, Du bist ein super Journalist", sagte er. Ansonsten müsse man "den Matthias fragen" - Sportvorstand Sammer. Bis zum Wechsel sei Gomez wohlgemerkt "mein Spieler, und ich muss schauen, dass ich das Beste für ihn mache", so Guardiola. Das klang nicht nach einer Ode an einen Unverzichtbaren.

Ganz anders bei: Claudio Pizarro. Der 34-jährige Münchner Edelreservist hat am Donnerstag für ein weiteres Jahr unterschrieben, um seinen irgendwann unausweichlichen Ruhestand sozialverträglich abzufedern. "Ein super, super Spieler", sagte Guardiola feierlich, als könne sich Pizarro ernsthafte Aussichten auf einen Stammplatz machen. Gomez und Mario Mandzukic mitgerechnet, gäbe es also - Stand jetzt - drei gelernte Stürmer.

Die Frage ist aber, ob das System Guardiola nur einen einzigen Stürmer erfordern wird, schließlich hat der Trainer spätestens seit der Verpflichtung von Mario Götze ein Überangebot an hochwertigen Mittelfeldspielern. "Matthias, Uli, Kalle und auch Jupp" (also Sammer, Hoeneß, Rummenigge und Heynckes, d. Red.) "haben mir eine wunderbare Mannschaft gegeben", die er verschiedene Systeme spielen lassen könne. "Wir können mit einem echten Stürmer spielen - und wir können mit einem falschen Stürmer spielen. Das ist wunderbar für mich."

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In der Vorbereitung will Guardiola Toni Kroos, Thomas Müller und Franck Ribéry auf vielen Positionen testen. Ribéry durfte zuletzt schon mal wie Lionel Messi einst in Barcelona den linken Flügel linken Flügel sein lassen und sich als einzige Spitze einordnen. Nur, wohin dann mit Götze, gar auf den Flügel? Und wo ist Platz für Mandzukic? "Ich brauche mehr Informationen", sagt Guardiola.

Am Gardasee erhoffen sich die Menschen Antworten auf recht viele Fragen. Doch es fehlen noch Spieler - und auch würdige Gegner. An diesem Freitag geht es gegen die "Paulaner-Traumelf".

© SZ vom 05.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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