Prozess in München:Geisterfahrerin bestreitet Selbsttötungsabsicht

Der mögliche Tod anderer Verkehrsteilnehmer sei ihr gleichgültig gewesen, sagt die Staatsanwaltschaft. Eine 46-jährige Geisterfahrerin steht wegen Mordversuchs in München vor Gericht. Hielt sie frontal auf entgegenkommende Fahrzeuge zu? Oder war die Sekretärin einfach nur unkonzentriert?

Eine Geisterfahrerin hat zum Auftakt ihres Münchner Prozesses am Donnerstag bestritten, in Suizidabsicht in der falschen Richtung auf der A 94 gefahren zu sein. Die Anklage wirft der heute 46-Jährigen versuchten Mord vor. Sie habe im November mit ihrem Wagen eine 180-Grad-Wende hingelegt und dann frontal auf entgegenkommende Fahrzeuge zugehalten.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der ehemaligen Patientin einer Nervenheilanstalt der mögliche Tod anderer Verkehrsteilnehmer gleichgültig gewesen sei. Deshalb liegen der 46-Jährigen nicht nur mehrere gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr zur Last, sondern auch versuchter Mord.

Laut Anklage hat die Frau mit ihrem Wagen frontal auf entgegenkommende Fahrzeuge zugehalten. Drei Autos und drei Lastwagen entgingen mit knapper Not einem Zusammenstoß, ein Sattelschlepper kollidierte frontal mit dem Wagen der Angeklagten, der Fahrer erlitt ein Schleudertrauma.

Sie sei nicht absichtlich in die Falsche Richtung gefahren, sondern sei unkonzentriert gewesen, verteidigte sich die Sekretärin im Dienste der Münchner Stadtverwaltung. Nach ihrer Schilderung war sie in Gedanken bei der Trennung von ihrem Lebensgefährten und ihrer heftigen Auseinandersetzung mit dem Mann am Vortag, bei der sie Schläge bezogen habe. Außerdem stand eine Wohnungsbesichtigung an.

"Nein, nein, keine Polizei"

"Ich brauchte die Wohnung unbedingt", sagte die Mutter von drei Kindern. "Ich war nicht in einem normalen Zustand." Auf der regelmäßigen Fahrt von ihrem oberbayerischen Wohnort Haag zum Arbeitsplatz in München "kam es mir: ist das jetzt die Auffahrt oder haben die wieder was geändert?" Erst nach dem dritten oder vierten entgegenkommenden Wagen sei ihr klar geworden, dass sie auf der falschen Fahrbahn war. Ihr Ziel war nach ihren Worten, "runterzukommen von der Autobahn".

Nein, sie habe sich nicht umbringen wollen, versicherte sie. Sie habe Panik bekommen, "mich hat's richtig gerissen". Dann gab es "einen Riesenknall, ich hab gedacht, jetzt ist es aus".

Die Angeklagte stieg nahezu unverletzt aus ihrem Wagen. "Nein, nein, keine Polizei, ich will nicht wieder in die Klapse", hörte der erste Helfer am Unfallort die 46-Jährige rufen. Lieber werfe sie sich vor ein Auto. Die sich heftig wehrende Frau wurde schließlich von der Polizei gefesselt. - Der Prozess dauert an.

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