Historische Abstimmungsniederlage zu Syrien:Cameron entgleitet die Außenpolitik

Großbritanniens Premierminister David Cameron wollte eine breite Mehrheit für einen Syrien-Einsatz, bekommen hat er eine politische Ohrfeige historischen Ausmaßes. Weil er die Stimmung in seiner Partei völlig falsch eingeschätzt hat, steht er nun auch international blamiert da. Dieser Moment wird seine Amtszeit prägen.

Ein Kommentar von Christian Zaschke, London

David Cameron hat seine Niederlage staatsmännisch hingenommen. Das britische Unterhaus hat den Antrag des Premierministers abgelehnt, in Syrien militärisch einzugreifen. Cameron hat daraufhin gesagt, er werde sich an das Votum halten.

Das muss er nicht: Militärische Eingriffe darf der britische Premier im Prinzip anordnen, ohne das Parlament zu befragen. Doch Cameron wollte eine breite Mehrheit für einen Einsatz. Er hatte offenbar bis zuletzt nicht erkannt oder erkennen wollen, dass es diese Mehrheit im britischen Parlament nicht gibt.

Selbst Veteranen des politischen Betriebs können sich nicht daran erinnern, dass eine britische Regierung eine wichtige außenpolitische Abstimmung verloren hat, die nicht Europa betrifft. Cameron hat die Stimmung vor allem seiner eigenen Partei völlig falsch eingeschätzt.

Cameron hat die Partei nicht im Griff

Verloren hat er die Abstimmung, weil 30 seiner Parteifreunde gegen den Einsatz in Syrien stimmten. Cameron hat seine Partei nicht im Griff. Vor allen Dingen aber hat er die Kontrolle über die Außenpolitik in einer Weise verloren, die ohne Beispiel ist.

Das bedeutet, dass Cameron doppelt geschwächt ist. Auf der nationalen Bühne hat er sich als Mann erwiesen, dem das Gespür für die Stimmung im Land abhandengekommen ist. Auf der internationalen Bühne wird er weniger ernst genommen werden - vor allem die Folgen für das besondere Verhältnis des Vereinigten Königreichs zu den USA sind noch nicht abzusehen.

David Cameron hat in der Nacht zum Freitag nicht nur eine Niederlage erlebt, sondern auch einen prägenden Moment seiner Zeit als Premierminister. Wie seine Amtszeit dereinst im Rückblick beurteilt wird, hängt nun auch davon ab, ob und wie er sich von diesem Moment erholt.

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