Rassen-Debatte in den USA:Obamas Bierdiplomatie

Lesezeit: 2 min

Beim "Friedensbier" im Weißen Haus lächeln Harvard-Professor Gates und Polizist Crowley ihren Disput weg. Da sorgt der US-Präsident für den nächsten Aufschrei - mit seiner Bierwahl.

Moritz Koch, New York

Nun hat der Streit zwischen Professor, Polizist und Präsident doch noch bekommen, was ihm bisher fehlte: Einen Rassisten und eine Entschuldigung. Fernab vom anberaumten Biergipfel im Weißen Haus spielte gestern das eigentliche Geschehen. Aber der Reihe nach.

Versöhnung bei einem Bier: US-Präsident Obama und sein Vize Biden mit Henry Gates und James Crowley. (Foto: Foto: Reuters)

Alles begann mit dem Ende einer Dienstreise. Mitte Juli war der afroamerikanische Harvard-Literaturwissenschaftler Henry Gates von einer Asienreise zurückgekehrt, müde und entsprechend missmutig. Seine Laune sollte sich weiter verschlechtern als er feststellte, dass seine Haustür klemmte. Vollends ruinierte ein gewisser James Crowley den Abend für Gates.

Nachbarn hatten die Polizei gerufen, als sie Gates und seinen Taxifaher, ebenfalls ein Schwarzer, die Tür aufstemmen sahen. Als Sergeant Crowleys im Streifenwagen eintraf, forderte er Gates auf, aus dem Haus zu treten. Gates, der sich als Eigentümer ausweisen konnte, nannte Crowley nach dessen Darstellung einen Rassisten. Beamtenbeleidigung!

Crowley ließ den wütenden Professor in Handschellen abführen. Nach ein paar Stunden hatten sich die Gemüter wieder beruhigt. Die Anschuldigungen gegen Gates wurden fallengelassen. Entschuldigen aber wollte sich Crowley nicht.

Der Fall wäre wohl längst zu den Akten gelegt worden, hätte vergangene Woche nicht Präsident Barack Obama seine Pressekonferenz zur Gesundheitsreform dazu genutzt, Crowley ein "dummes" Verhalten vorzuwerfen. Seither redet kaum noch einer über Politik, zumindest im Fernsehen.

"Bananenfressender Dschungelaffe"

Eine Debatte über "Race Relations" absorbiert stattdessen die Aufmerksamkeit der Nachrichtenmacher. Da werden Parteistrategen zugeschaltet, Blogger zusammengetrommelt und Bürger befragt. Es ist ein absurdes Theater in Dauerschleife. Dabei ist die Diskriminierung Schwarzer durch die Polizei ein ernstes Thema und hätte wahrlich einen würdigeren Rahmen verdient. Genau wie die Frage, inwieweit sich der Brückenbauer Obama selbst beschädigt hat, als er einseitig für Gates Partei ergriff.

Diese Woche nun fühlte sich ein weiterer Polizist berufen, in die Debatte einzugreifen. Officer Justin Barrett aus Boston nannte Gates in E-Mails einen "bananenfressenden Dschungelaffen". Barrett bat am Donnerstag um Entschuldigung, wurde wegen seiner rassistischen Bemerkung aber umgehend suspendiert. Auch der Biergipfel fand ohne ihn statt.

Die Geschichte des Versöhnungstreffens zwischen Obama, Gates und Crowley ist schnell erzählt. Die drei und Vizepräsident Joe Biden steckten über einem Tischlein im Garten des Weißen Hauses die Köpfe zusammen.

Die Presse durfte Fotos machen und wurde Zeuge, als ein Herr im dunklen Anzug ein frisch gezapftes Bier auf einem kleinen Tablett über den Rasen balancierte. Als alles ausgetrunken war, dankte Obama Gates and Crowley dafür, dass sie ihm bei einer "freundlichen Konversation" Gesellschaft geleistet hätten.

Der Inhalt des Gesprächs blieb vertraulich, dafür sickerten Informationen über die Biervorlieben der Streithähne durch. Crowley wählte die Marke Blue Moon, Gates wünschte sich Red Stripe und Obama entschied sich für ein Bud Light. Damit handelte er sich gleich die nächste absurde Debatte ein.

Der Kongresshinterbänkler Richard Neal aus Massachusetts sah seine Chance auf eine Schlagzeile gekommen: Obama solle lieber Sam Adams trinken, forderte er. Schließlich wurde der Bud-Light-Hersteller Anheuser-Busch vom brasilianisch-belgischen Brauereikonzern Inbev übernommen. Der Präsident habe also eindeutig gegen den hehren Buy-American-Grundsatz verstoßen. Und das in Krisenzeiten!

Wann die US-Medien wieder über relevante Nachrichten bereichten wollen, blieb vorerst unklar. Die Bierwahl Bidens übrigens auch.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: