Steinbrück bei Circus HalliGalli:Kandidat in der Wahlmanege

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SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zu Gast bei Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf in der Pro-Sieben-Sendung "Circus Halligalli". (Foto: obs)

Was passiert, wenn Peer Steinbrück in den "Circus HalliGalli" kommt? Der SPD-Kanzlerkandidat als Gast von Joko und Klaas, in einer Show voll grenzwertigen Humors: Wie gut, dass es in dieser Sendung fast ausschließlich um Blödsinn machen geht.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Bevor Peer Steinbrück auch nur einen Fuß in das Studio von Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf setzen kann, fallen von Sidekick Olli Schulz folgende Worte in erstaunlicher Häufung: Scheiße, Ficker, Wichser, Fotze. Später wird mit den "Ärzten" ein Spiel gespielt mit dem Titel "Stadt, Land, Fotze".

Ein Festival der Fäkalsprache garniert mit Obzönitäten der nicht ganz jugendfreien Art eröffnet die jüngste Ausgabe der ProSieben-Sendung "Circus Halligalli". In dieses Privat-TV-Werbeumfeld-Inferno also platzt Peer Steinbrück, Kanzlerkandidat der SPD, wie der Inbegriff der Seriosität. Da steht er auf der Showtreppe. Wissend deutet er mit dem Zeigefinger auf die Moderatoren, schreitet hinab, an Show-Oma Violetta vorbei ("Sie sind Violetta! Guten Tach, Violetta") und setzt sich unter frenetischem Applaus des Studiopublikums in den bereitgestellten Sessel. Bereit zu hören, was Joko und Klaas ihm mitzuteilen haben.

Ganz zu Beginn der Show hatte Klaas seinen Compañero Joko noch gebeten, sich zu benehmen, ob des hohen Besuchs. Dazu muss gesagt werden, dass die Sendung am Donnerstag vergangener Woche aufgezeichnet wurde, als Joko und Klaas nichts von Steinbrücks Stinkefinger wissen konnten, der auch so schön gegen den Strich war, so herrlich anarchisch, ohne jegliche political correctness. Wie Steinbrück es manchmal halt mag. Benimmregeln erscheinen danach ein wenig überflüssig.

Joko und Klaas geben alles, um dem SPD-Mann, der gerne Kanzler werden will, skurrile Fragen zu stellen. Etwa diese, die ihn so ähnlich schon einmal aus der Fassung brachte: "Sie hatten ja eigentlich ein schönes Leben. Warum tun Sie sich das an?" Das ist für Steinbrück das willkommene Stichwort, um Teile aus dem Steinbruch seiner Wahlkampfreden einzubinden. Steinbrück spricht von "gestalten statt verwalten", und dass Deutschland sich mit Merkel im Kreisverkehr befinde. Da wolle er jetzt dringend eine "Peilung" reinbringen. Darum halt.

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Er würde übrigens nicht im Motorrad durch die Gegend cruisen, wie es ihm Joko und Klaas als über Sechzigjährigen nahelegen. Sondern eher im Oldtimer. Es kommt auch die hochspannende Frage nach den vielen Bratwürstchen, die es an den Wahlkampfständen so gebe. "Bratwürstchen mag ich ja. Aber die Pappbrötchen dazu, die sind das eigentliche Problem!" Steinbrück erntet verständnisvolles Gelächter im Studio.

An einer Stelle wird es aber wirklich interessant: Als ihn Klaas fragt, ober er nicht lernen musste zu implodieren, statt zu explodieren, also die ganze negative Energie in sich selbst abzulassen. Oder so ähnlich.

Zum Beispiel als SPD-Chef Gabriel plötzlich ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen forderte. "Nö", sagt Steinbrück da. Und hat dann so einen Rösler-Moment, wie einst der FDP-Chef bei "Lanz", als er sich so diebisch über seinen Coup freute, der Kanzlerin Gauck als Bundespräsidenten abgetrotzt zu haben. "Nö", sagt also Steinbrück. "Bevor ich darüber ein Magengeschwür kriege, habe ich ihn lieber angerufen und gesagt: Lass das mal sein." Na, da wird sich Gabriel aber jetzt freuen.

Es geht nach dem Werbeblock in die sogenannte Wahlmanege. Steinbrück am Pult in der Mitte, Joko und Klaas an den Pulten außen. Dahinter ein Bild von der Reichstagskuppel. Total seriös alles. Dann Kurzfragen im Stakkato. Heraus kommt: Steinbrück will eine zweite Chance für Sitzenbleiber; weder Obama noch Putin hält er für cool; und er höre besser, wenn er den Mund aufhabe.

Und wer trägt die Hauptschuld, wenn die Wahl danebengeht? Wähler oder Journalisten? Steinbrück schüttelt sich wie ein Braunbär das Wasser aus dem Fell und brummt breit grinsend dazu: "Also ich garantiert nicht!"

Wie gut, dass es in dieser Sendung fast ausschließlich um Blödsinnmachen geht. Wobei Steinbrück an dieser Stelle sehr glaubhaft spielt.

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