Syrien-Konflikt:Russland erkennt "neue Beweise" für Giftgaseinsatz durch Rebellen

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Moskau kritisiert die UN-Untersuchung des Giftgasanschlags. Den Inspektoren wirft Russlands Vizeaußenminister Rjabkow Parteilichkeit vor. Außerdem habe die syrische Führung "neue Beweise" vorgelegt, dass der Chemiewaffeneinsatz durch die Aufständischen erfolgt sei.

Die russische Regierung hat von der syrischen Führung nach eigenen Angaben "neue Beweise" für den Einsatz von Giftgas durch Rebellen erhalten. Diese belegten, dass an dem Einsatz von Chemiewaffen am 21. August nahe der Hauptstadt Damaskus Aufständische beteiligt gewesen seien, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow russischen Nachrichtenagenturen zufolge nach Gesprächen mit Syriens Außenminister Walid al-Muallim in Damaskus.

"Entsprechendes Material wurde der russischen Seite übergeben, uns wurde gesagt, dass es Beweise gebe, dass die Rebellen an dem Chemiewaffenangriff beteiligt waren", wurde Rjabkow zitiert. Diese Informationen würden nun geprüft. Zugleich forderte der Diplomat Damaskus auf, alle Daten zu seinen Giftgasbeständen "genau und rechtzeitig" zu übergeben.

Chemiewaffen in Syrien
:Westerwelle beschuldigt Assad des Einsatzes von Giftgas

Erdrückende Indizien: Der UN-Bericht legt nahe, dass das Regime in Damaskus für den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien verantwortlich ist. Auch Außenminister Westerwelle sieht die Schuld bei Assad. Nur Russland hält an der These fest, die Rebellen wollten einen Eingriff von außen provozieren.

Von Paul-Anton Krüger

Der stellvertretende russische Außenminister übte außerdem Kritik an den Inspekteuren der Vereinten Nationen, die Vorwürfe des Einsatzes von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg vor Ort überprüft hatten. Deren am Montag vorgelegter Bericht sei "politisiert, parteiisch und einseitig", sagte Rjabkow: "Sie haben einen selektiven und unvollständigen Bericht erstellt."

So hätten die Experten drei weitere angebliche Chemiewaffeneinsätze in dem Bürgerkriegsland nicht untersucht. Rjabkow wollte seine Gespräche in Syrien am Mittwoch fortsetzen. Moskau ist ein wichtiger Partner für Damaskus. Laut der syrischen staatlichen Nachrichtenagentur Sana betonte Syriens Außenminister Walid al-Muallim die Einigkeit der beiden Länder in dem Konflikt.

Den UN-Inspekteuren zufolge wurde bei dem Einsatz am 21. August mit Boden-Boden-Raketen das Nervengift Sarin verschossen. Experten gehen davon aus, dass dies nur der syrischen Armee möglich ist. Nach US-Angaben wurden bei dem Angriff mehr als 1400 Menschen getötet. Dem schwedischen Missionsleiter Ake Sellström zufolge sollen die UN-Chemiewaffeninspekteure bald zu weiteren Untersuchungen nach Syrien zurückkehren. Danach legt das Expertenteam einen Abschlussbericht vor.

Die fünf Veto-Mächte des UN-Sicherheitsrates ringen währenddessen in New York um eine Resolution zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen. In Diplomatenkreisen hieß es am Dienstag allerdings, es sei noch unklar, wann eine Abstimmung stattfinden könne. Die Bundesregierung gab unterdessen ihre Zurückhaltung auf und machte die syrische Führung unter Präsident Baschar al-Assad für den Chemiewaffeneinsatz in Damaskus verantwortlich. "Die Indizien sprechen dafür, dass das Assad-Regime hinter diesem Tabubruch steht", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle der Süddeutschen Zeitung. Er schloss sich damit der Bewertung der USA, Frankreichs und Großbritanniens an.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte den UN-Sicherheitsrat auf, Syrien Konsequenzen anzudrohen, falls es die Vernichtung der Chemiewaffen verzögern sollte. Die Bundesregierung setze sich mit Nachdruck für eine "starke Sicherheitsratsresolution ein", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/rtr/schma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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