Prozess um Sozialleistungen:"Waldjunge Ray" muss gemeinnützige Arbeit leisten

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Er tauchte plötzlich auf, wusste angeblich nicht, wer er war und erhielt in Berlin Sozialleistungen von 30.000 Euro. Der junge Mann, der als "Waldjunge Ray" bekannt wurde, entgeht einer schweren Strafe: Der Schaden für den Steuerzahler sei zu gering.

Der Betrugsprozess gegen den einst geheimnisvollen "Waldjungen Ray" ist eingestellt worden. Der 21-jährige Niederländer Robin, wie der junge Mann eigentlich heißt, muss 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, verkündete das Amtsgericht Berlin-Tiergarten. Die Verhandlung hinter verschlossenen Türen dauerte weniger als 60 Minuten. In dem Jugendstrafverfahren war "Ray" vorgeworfen worden, Sozialleistungen im Wert von von knapp 30.000 Euro in der deutschen Hauptstadt erschlichen zu haben.

Ein Gerichtssprecher sagte zur Einstellung des Verfahrens, dem Steuerzahler sei nur ein geringer Schaden entstanden. Hätte sich der Unbekannte als Obdachloser gemeldet, hätten ihm auch Leistungen in ähnlicher Höhe zugestanden. Die Öffentlichkeit wurde gleich zu Beginn des Prozesses ausgeschlossen. Das Gericht erklärte, damit solle eine Stigmatisierung des Angeklagten sowie eine drohende Störung seiner Entwicklung abgewendet werden.

Der junge Mann, der sich angeblich nicht an seine Herkunft erinnerte und sich Ray nannte, war im September 2011 in Berlin wie aus dem Nichts aufgetaucht. Den Behörden tischte er eine erfundene Geschichte auf, wonach seine Eltern angeblich gestorben waren und er als Minderjähriger jahrelang im Wald gelebt hatte. Als vermeintlicher Notfall erhielt er deshalb Leistungen des Jugendamtes.

Er wurde in einer Jugendhilfeeinrichtung betreut und verpflegt. Er bekam auch neue Kleidung und Taschengeld. Erst Monate später stellte sich heraus, dass Ray in Wirklichkeit Robin aus dem niederländischen Hengelo ist. Er war den späteren Ermittlungen zufolge zu diesem Zeitpunkt schon volljährig und nicht erst 17 Jahre alt, wie von ihm behauptet. "Deshalb hätte er auf diese Leistungen keinen Anspruch gehabt", sagte damals ein Gerichtssprecher.

Aufgeflogen war der Schwindel damals, als die Ermittler Fotos von Robin mit seiner mysteriösen Geschichte veröffentlichten. Danach kamen bald Hinweise auf seine wahre Identität. Robin wurde schließlich von Schulfreunden und Angehörigen identifiziert.

"Er hatte persönliche Probleme"

Robin räumte danach ein, seine Geschichte frei erfunden zu haben. Er habe der Polizei zufolge im vergangenen Jahr seine wahren Personalien bestätigt. Die Beamten hätten ihn mit den Ermittlungsergebnissen konfrontiert, woraufhin er seine Identität preisgegeben habe.

In Wahrheit war Robin vor zwei Jahren abgetaucht: Nach Angaben der Polizei in Hengelo war Robin am 2. September 2011 zuletzt dort gesehen worden, als er sich mit einem Freund auf eine Reise nach Berlin machte - nur drei Tage bevor er in der deutschen Hauptstadt auftauchte. Seitdem galt er in seiner Heimat als vermisst. "Da er zu diesem Zeitpunkt bereits erwachsen war und damit seinen Aufenthalt selbst bestimmen konnte sowie keine Hinweise für eine Straftat oder eine Gefährdung vorlagen, wurde nicht weiter nach dem Mann gesucht", erklärte ein Sprecher der Berliner Polizei.

Zu den Hintergründen für sein Lügenkonstrukt hatte sich Robin nicht geäußert. Ein Schulfreund hatte jedoch gegenüber dem niederländischen Fernsehsender NOS gesagt: "Er hatte persönliche Probleme und das war seine Art, ein neues Leben anzufangen."

© Süddeutsche.de/dpa/kjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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