Airlines treten Schlichtungsstelle bei:Hilfe für verärgerte Passagiere

Passagier unter der Anzeigetafel auf dem Franz-Josef-Strauss Airport in München

Passagiere haben Rechte, wenn der Flug nicht wie geplant verläuft. Wenn die Airline das anders sieht, können sich Fluggäste künftig an eine Schlichtungsstelle wenden.

(Foto: AFP)

Bislang war der Billigflieger Ryanair als einzige Fluggesellschaft bei der Schlichtungsstelle, die auch für Bahn, Busse und Schiffe zuständig ist. Nun folgen die anderen deutschen Airlines - nach mehr oder weniger sanftem Druck.

Fahrgäste in Zügen und Bussen können sich bei Streit schon längst an eine Vermittlungsstelle wenden - jetzt auch Flugpassagiere. Die Schlichter helfen beim Streit über Verspätungen oder beschädigtem Gepäck, ohne dass es zum Gerichtsprozess kommen muss. Lange wollten die deutschen Fluggesellschaften nicht dabei mitmachen.

Doch zum 1. November treten etwa Lufthansa und Air Berlin der übergreifenden Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) bei - freiwillig, aber nach einem gewissen Anschub durch ein Gesetz: Denn für Airlines, die sich keiner privat organisierten Stelle anschließen wollen, ist vom 1. November an das Bundesamt für Justiz als staatlicher Schlichter zuständig.

Was soll die Schlichtungsstelle bringen?

Rund 5100 Verbraucher beschwerten sich im vergangenen Jahr beim Luftfahrt-Bundesamt - meist über Verspätungen und gestrichene Flüge. Die Behörde kann aber nicht vermitteln, viele Fälle kommen daher vor Gericht. Dabei eignen sich typische Ärgernisse am Flughafen gut für alternative Lösungsversuche, wie auch das Bundesjustizministerium argumentierte: Es seien "inhaltlich oft ähnliche und einfach zu beurteilende Sachverhalte mit vergleichsweise geringen Streitwerten".

Wie funktioniert die Vermittlung?

Geltend machen können Kunden Ansprüche für Flüge ab dem 1. November - und zwar, wenn sie mit einer deutschen oder internationalen Airline in Deutschland gelandet oder gestartet sind, wie die SÖP erläutert. Kommt direkt mit dem Anbieter binnen zwei Monaten keine Einigung zustande - oder antwortet dieser einfach nicht -, steht der Weg zur Schlichtungsstelle offen. Dabei sind eine Bagatellgrenze für Ansprüche von zehn Euro und eine Obergrenze von 5000 Euro vorgesehen. Die Regelung gilt nicht, wenn ein Unternehmen das Ticket für eine Geschäftsreise gebucht hat. Pauschalurlauber kommen nur zum Zuge, wenn sie Geld von ihrer Fluggesellschaft zurück haben wollen und nicht vom Reiseveranstalter.

Warum haben die Fluggesellschaften so lange gezögert?

Seit Jahren wurde vergeblich darum gerungen, dass sich die großen Airlines für Vermittlungsverfahren öffnen. Der SÖP, die von mehr als 200 Verkehrsunternehmen wie der Bahn getragen wird, blieben sie aber fern. Auch das Gesetz zielte nur allgemein auf eine privatrechtlich organisierte Stelle ab, die von den Unternehmen selbst finanziert wird. Für Fluggesellschaften, die partout nicht freiwillig ins Boot wollen, wurde aber zugleich das Bundesamt für Justiz zum staatlichen Schlichter bestimmt. Diese Rahmenbedingungen hätten nun den Ausschlag gegeben, heißt es in der Branche. Mit der SÖP habe dadurch auch über Schlichtungskosten verhandelt werden können, die die Firmen tragen.

Wer macht nun bei der Schlichtungsstelle mit?

Als Pionier dockte die irische Ryanair schon vor einigen Monaten bei der SÖP an - Europas größter Billigflieger war bisher das einzige Luftfahrtunternehmen in der Mitgliederliste. Über ihren Bundesverband kündigten sich jetzt aber auch große deutsche Gesellschaften von der Lufthansa über Air Berlin bis zu den Ferienfliegern Condor und Tuifly an. Die Lufthansa tritt formal zunächst mit ihrer Passagiersparte bei, dadurch sollen aber auch Kunden der Töchter Swiss, Austrian Airlines und Germanwings von der Schlichtung profitieren können. Der Verband der mehr als 100 in Deutschland tätigen ausländischen Airlines (Barig) empfiehlt einen Mitgliedern ebenfalls den Beitritt.

Was sagen Verbraucherschützer und Politik?

Verbraucherschützer hatten auf eine Beteiligung der ganzen Branche gedrängt, um ein Durcheinander diverser Anlaufstellen zu vermeiden. "Das ist natürlich wirklich richtig gut, dass das jetzt geklappt hat", sagte Otmar Lell vom Verbraucherzentrale Bundesverband. "Es hat ja auch lange auf sich warten lassen." Bayerns Verbraucherministerin Beate Merk (CSU) rief alle Airlines auf, sich anzuschließen. "Dies hätte den Vorteil, dass dann auch bei einer kombinierten Reise mit Flug und Bahn nur eine Stelle für die Schlichtung zuständig ist."

Aktualisierung am 30. Oktober 2013: Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums sind auch einige Fernbus-Unternehmen der Schlichtungsstelle beigetreten. Alle wichtigen Informationen zum Fernbus-Reisen finden Sie hier.

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