Philipp Lahm in der Nationalelf:Neues aus dem Bayern-Bausatz

Länderspiel Niederlande - Deutschland

Phillipp Lahm (links) gegen die Niederlande (Archivbild von 2012).

(Foto: dpa)

Gehört Philipp Lahm, der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, in die Mitte des Spiels? Lahm, Schweinsteiger und Kroos präsentieren beim FC Bayern eine Mittelfeldverdichtung modernster Prägung. Davon könnte auch der Bundestrainer profitieren.

Ein Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Bald ist Jahrestag. Der 16. Oktober ist eigentlich ein völlig nachrangiger Tag für den Weltsport, zu viel Herbst, zu viel Dunkelheit, zu wenig Adrenalin für große Leistungen. Wer an diesem tristen Tag in diesem tristen Monat nach Denkwürdigem sucht, der stößt vielleicht auf Mike Tyson, der an einem 16. Oktober im Jahre 1987 seinen WM- Titel im Schwergewicht in Atlantic City gegen Tyrell Biggs verteidigen konnte. Erst zehn Jahre später biss er Evander Holyfield ein Ohr ab. Aus dem Boxer wurde der Ohrenbeißer, das war im Juni 1997, das war was für die Ewigkeit.

Zurück zum 16. Oktober. Der hat eigentlich nur noch eine Chance, im Nachhinein geadelt zu werden - und zwar durch einen 13. Juli. Aber nur dann, wenn Deutschland am 13. Juli 2014 in Rio Weltmeister wird. Wie war das möglich, werden die Chronisten fragen? Und sie werden in Berlin landen, beim 16. Oktober 2012, mit zu viel Nieselregen und zu wenig Adrenalin, um ein 4:0 zu behaupten. Rarurick, Zaubertrick, Ibrahimovic: Schon hatten die Schweden alles in ein 4:4 verwandelt. Und Joachim Löw hatte ein Problem. Eines, das er bis heute nicht gelöst hat, wie jüngst das 3:3 gegen Paraguay zeigte. Die deutsche Elf bekommt viel zu viele Gegentore.

Insofern saß Löw am Mittwoch im falschen Stadion, in Leverkusen, anstatt in Manchester. Aber wie sollte er auch wissen, dass dort ein Bausatz modernster Prägung zur Mittelfeld-Verdichtung präsentiert werden würde? Mit Lahm, Schweinsteiger, Kroos. Jenem Trio, das am 16. Oktober 2012 in Berlin mit unterging, und das Pep Guardiola bei den Bayern nun ein bisschen neu sortiert hat.

Kern der Überlegung: Derjenige, den er den "intelligentesten Spieler" nennt, den er je trainiert habe, solle nicht mehr außen stehen. Also wurde Philipp Lahm von Guardiola ins Zentrum versetzt, alles Übrige orientiert sich drumherum.

Lahm kam in Manchester ohne die ganz große Szene aus, die überließ er anderen, aber wie sagte es Guardiola so elegant-unaufdringlich: "Es wäre schwer, dieses Spiel jetzt ohne ihn zu interpretieren." Ohne Lahms Serviceleistungen, seine Anspielbereitschaft, die flinken Drehungen, ohne die Lösungen mit beiden Füßen. Frei nach Franz Beckenbauer: Der kann links wie rechts.

Für Löw hat sich eine neue Option ergeben. Die Eindrücke vom 2. Oktober 2013 von Manchester werden die deutsche Debatte auf dem Weg nach Rio prägen. Gehört Lahm, der Kapitän, in die Mitte des Spiels? Es wird eine Debatte, die à la Tyson geführt werden wird, und die trotzdem weit über den Stammtisch hinausreicht. Beim Für und Wider wird so manches Ohr abgekaut werden.

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