Weltkarte des World Wide Web:Die Vermessung der digitalen Welt

Weltkarte des World Wide Web: Weltkarte des Internets im Jahr 2013 (Lizenz: CC-BY-NC)

Weltkarte des Internets im Jahr 2013 (Lizenz: CC-BY-NC)

(Foto: Oxford Internet Institute)

Facebook, Google und sonst nichts? Britische Forscher haben eine Weltkarte des Internets gezeichnet. Darauf zeigen sie, welche Webseiten in 120 Ländern am populärsten sind. Das Ergebnis erinnert an die Machtverhältnisse während des Kalten Kriegs - und es provoziert Kritik.

Von Pascal Paukner

Es zählt zu den Eigentümlichkeiten des Internetzeitalters, dass sich durch den Siegeszug der Technik zwar alles Mögliche besser vermessen und berechnen lässt, aber nicht das Internet selbst. Wahlabsichten, Kaufverhalten oder Grippeepidemien - all das kann mittels moderner Technik analysiert und dargestellt werden. Wenn es aber die Frage zu beantworten gilt, wie groß das Internet ist, welche Machtstrukturen dort vorherrschen, dann gibt es neben unzureichenden Datensätzen oftmals auch ein Darstellungsproblem.

Die Wissenschaftler vom Oxford Internet Institute versuchen deshalb immer wieder vorhandene Daten über das Internet verständlich und vielsagend aufzubereiten und darzustellen. In welchen Ländern ist Twitter besonders verbreitet? Wer bestimmt, was in der englischen Wikipedia steht? In welchen Ländern sind die meisten Menschen online? Zu all diesen Fragen haben die Forscher Antworten per Grafik gegeben. Die Vermessung der digitalen Welt, so kommt sie ein wenig voran.

Vor wenigen Tagen nun haben die Briten der Abbildung des Internets eine weitere Dimension hinzugefügt. Die beiden neuen Grafiken zeigen, stark vereinfacht, wie sehr das World Wide Web von zwei Unternehmen dominiert wird: Google und Facebook. Die Forscher haben dazu die jeweils populärste Webseite von 120 Ländern auf einer Karte eingetragen. Herausgekommen ist eine bipolare Weltordnung, wie es sie in ihrer Schlichtheit zuletzt zu Zeiten des Kalten Krieges gab. Google dominiert in 62 Staaten, Facebook in 50. Wenngleich die Blockzugehörigkeit der einzelnen Länder sich im Netz deutlich von der Realität zu Zeiten des Eisernen Vorhangs unterscheidet.

Karte zeigt ein umstrittenes Weltbild

Nur in Osteuropa und Asien gibt es mit Baidu (China und Südkorea), Yandex (Russland) und Yahoo (Japan und Taiwan) bedeutende Mittelmächte. Wohingegen in den Palästinensergebieten die Tageszeitung Al-Watan Voice am prominentesten ist, der Mailanbieter Mail.ru in Kasachstan dominiert und die Menschen in Weißrussland vor allem dem sozialen Netzwerk VK.com vertrauen.

Weltkarte des World Wide Web: Alternative Darstellung: Die populärsten Webseiten - aufgeschlüsselt nach Internetnutzern und Ländern (Lizenz: CC-BY-NC)

Alternative Darstellung: Die populärsten Webseiten - aufgeschlüsselt nach Internetnutzern und Ländern (Lizenz: CC-BY-NC)

(Foto: Oxford Internet Institute)

Auch wenn die Daten eine klare Sprache zu sprechen scheinen: Das Weltbild, das die Karte zeigt, ist umstritten. Nur weil der Marktanteil von Google in vielen Staaten Mitteleuropas und Nordamerikas höher ist als der von Facebook, bedeutet das noch nicht notwendigerweise, dass Facebook das Leben der Menschen dort weniger bestimmt. Hinzu kommt: Die Daten für die Darstellung stammen von der zu Amazon gehörenden Webanalyse-Firma Alexa Internet. Ein Unternehmen, das Surfdaten seiner Nutzer mittels eines Browser-Zusatzprogramms erhebt. Die Aussagekraft dieser Daten variiert von Land zu Land. Keinesfalls sind die Daten repräsentativ. Alexa steht deshalb seit Jahren in der Kritik.

Ein Manko, das die Grafiker auch erkannt haben. So sei es ziemlich unwahrscheinlich, dass Baidu neben China auch in Südkorea die Surfstatistik anführt, geben sie zu. Wahrscheinlich seien die Rohdaten für dieses Land verzerrt.

Grundsätzlich sei das, was zu sehen ist, aber durchaus aussagekräftig: "Wir sind wahrscheinlich noch immer ziemlich am Anfang des Zeitalters der Internet-Imperien", schreiben die Autoren des Projekts. Aber es könne wohl sein, dass die Territorien, die sich derzeit herausbildeten, bedeutende Auswirkungen darauf haben, wie wir in Zukunft kommunizieren und auf Informationen zugreifen.

Linktipp: Auch Foreign Policy, The Atlantic und NPR haben sich mit der Aussagekraft der Karte beschäftigt.

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