Sozialverhalten bei Schimpansen:Gleich und gleich laust sich gern

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Bei Schimpansen entwickeln sich Freundschaften besonders zwischen Tieren mit ähnlicher Persönlichkeit (Foto: Rob Elliot/AFP)

Bei vielen Tierarten gibt es langfristige Freundschaften. Doch nach welchen Kriterien bilden sie sich? Ist es genetische Verwandschaft? Bei Schimpansen zumindest spielt noch etwas anderes eine wichtige Rolle.

Von Christian Weber

Verhaltensbiologen wissen seit langem, dass viele Tierarten - ähnlich wie Menschen - langfristige Freundschaften schließen.

Unklar ist allerdings bislang, nach welchen Kriterien dies geschieht. Manchmal scheint die genetische Verwandtschaft ein Grund zu sein, doch gerade auch bei Schimpansen finden sich stabile freundschaftliche Beziehungen zwischen nicht-verwandten Tieren, meist zwischen Tieren des gleichen Geschlechts, manchmal auch zwischen Männchen und Weibchen.

In einer neuen Publikation kommen nun die Kognitionsbiologen Jorg Massen von der Universität Wien und Sonja Koski von der Universität Zürich zu dem Ergebnis, dass Schimpansen jene Artgenossen bevorzugt als Freunde wählen, die eine ähnliche Persönlichkeit haben wie sie selber ( Evolution and Human Behavior, online).

Für ihre Studie beobachten die Forscher zwei große Schimpansen-Kolonien in niederländischen Zoos. Dabei erstellten sie zuerst Persönlichkeitsprofile der dort lebenden Tiere. Sie ermittelten in Verhaltensexperimenten, wie stark bei den einzelnen Affen eine Reihe von Persönlichkeitsdimensionen ausgeprägt waren: Geselligkeit, positiver Affekt, Ängstlichkeit, die Lust am gegenseitigen Lausen, Entdeckerfreude und Mut.

Für jede dieser Dimensionen gelten bestimmte Verhaltensinventare. Der positive Affekt wird etwa danach bewertet, wie häufig ein Schimpanse Spiele initiiert, Artgenossen umarmt, küsst oder sanft anstupst. Ein mutiger Schimpanse zeichnet sich dadurch aus, dass er sich im Experiment dem Modell eines Raubtieres eher nähert.

In einem zweiten Schritt analysierten die Forscher dann in vielen hundert Stunden Beobachtungszeit das soziale Netzwerk im Gehege.

Als befreundet wurden jene Tiere eingestuft, die besonders häufig miteinander in Körperkontakt waren. Bei der Analyse der Daten zeigte sich, dass sich in der Tat die Persönlichkeitsmerkmale von Schimpansenfreunden gleichen.

"Wir fanden heraus, dass unter nicht verwandten Freunden die geselligsten und mutigsten Individuen die Gesellschaft von anderen geselligen und mutigen Tieren bevorzugten, während schüchterne Schimpansen die meiste Zeit mit ähnlich scheuen Artgenossen verbrachten", sagt Jorg Massen.

Er vermutet, dass die Präferenz für ähnliche Persönlichkeiten von Vorteil für die Tiere ist: Bei ähnlichen Verhaltensweisen funktioniere die Kooperation besser.

© SZ vom 10.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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