Schwarzbuch:Bund der Steuerzahler prangert Verschwendung an

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Die Hamburger Elbphilharmonie hat es erneut in das Schwarzbuch "Die öffentliche Verschwendung" geschafft. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Halbe Philharmonie, Flughafen ohne Flüge, Brücken für Fledermäuse: Die "öffentliche Verschwendung" von Steuergeld manifestiert sich laut Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler vor allem in großen Bauvorhaben, deren Kosten explodieren. Viele Probleme seien demnach vermeidbar - wenn die Politik nur sorgfältig planen würde.

Der Berliner Flughafen BER, das Klinikum Düsseldorf, der BND-Neubau: Mehr als 100 Beispiele für angebliche Verschwendung von Steuergeld benennt der Bund der Steuerzahler. Im Gedächtnis bleiben vor allem die großen, die in Beton gegossenen und in die Stadtkerne gebauten, deren Kosten explodiert sind.

Oft sei das durch solide Planung und realistische Finanzierung vermeidbar, heißt es im jetzt vorgestellten Schwarzbuch "Die öffentliche Verschwendung 2013". Zwar dürfe nicht jede Überschreitung des Budgets automatisch mit einer Verschwendung von Steuermitteln gleichgesetzt werden. Viele der negativ auf das Bauvorhaben wirkenden Faktoren seien von der Politik und der Verwaltung hausgemacht, schreibt der Verband in seinem am Donnerstag in Berlin vorgelegten Schwarzbuch.

"Massive Überschreitungen von Baukosten lassen sich stoppen", sagt der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, mit Blick auf das Kapitel zur Baukostenanalyse. Eine genaue und valide Projektvorbereitung, Planung und Ausführung der Bauprojekte seien unverzichtbar.

"Kommission darf nicht als Feigenblatt missbraucht werden"

Oft würden elementare gesetzliche Vorschriften missachtet. Großbauvorhaben müssten von Anfang an auf eine grundsolide Basis gestellt werden. "Um realistische Kostenprognosen zu erhalten, müssen belastbare Annahmen getroffen werden", wird weiter gefordert. "Die Bürger haben ein Anrecht darauf, dass der Staat sorgsam und vernünftig mit ihrem Geld umgeht." Die Politik habe inzwischen die Hauptursachen für die Kostenlawinen erkannt und eine Kommission ins Leben gerufen, erkennt der Steuerzahlerbund an, warnt aber auch: "Sie darf nicht als Feigenblatt missbraucht werden."

Den Umfang der vom Staat durch Missmanagement verschleuderten Beträge nennt der Steuerzahlerbund nicht mehr, seit vor einiger Zeit Zweifel an der Berechnung aufkamen. Immerhin hatte der Verband viele Jahre lang stets von der selben Summe gesprochen: 30 Milliarden Euro beziehungsweise 60 Milliarden D-Mark.

Beispiele aus dem Schwarzbuch Steuerverschwendung im Überblick:

  • In Biberach (Baden-Württemberg) wurden zwei Fledermausbrücken errichtet, damit die nachtaktiven Flugtiere die Straße gefahrlos überqueren können. Da die strengen Schutzvorschriften relativ neu seien, fehlten Erfahrungen. Allein die Brücken kosteten etwa 435.000 Euro. Hinzu kämen 35.000 Euro für die Überwachung. Sollten die Fledermäuse nichts mit der Brücke anfangen können, dann könne es niemand: Für Fußgänger seien die Brücken nicht freigegeben.
  • Sie stehen auf dem Autobahnrastplatz Vellern Süd (Nordrhein-Westfalen) an der A 2 - die Reste einer Spannbetonbrücke. Aus Gründen der Verkehrssicherheit wurde sie durch einen Neubau ersetzt, musste aus Gründen des Denkmalschutzes aber erhalten werden, da sie aus der "Frühzeit des deutschen Autobahnbaus" stamme. Für den Torso seien etwa 310.000 Euro abgestellt. Ein Abriss hätte 108.000 Euro gekostet.
  • Seit drei Jahren sei das Zentrum für Operative Medizin II der Uniklinik Düsseldorf fertig - aber für Ärzte und Patienten noch immer geschlossen. Nach zahlreichen Umplanungen sei das Gebäude wegen Brandschutzmängeln noch nicht freigegeben. Die Uniklinik zahle dennoch schon rund zwei Millionen Euro für Heizung, Reinigung, technische Wartung und Bewachung.
  • In Mainz sei an der Bahnhaltestelle "Waggonfabrik" für etwa 340.000 Euro eine Fußgängerbrücke saniert worden. Die ohnehin nicht barrierefreie Brücke hätte für rund 140.000 Euro auch ersatzlos abgerissen werden können. Denn wer nur drei bis vier Gehminuten investiere, könne die Straße auch über einen Fußgängertunnel erreichen.
  • Der Bund habe im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr neue Kasernen geschlossen und alte umgebaut. So seien etwa in der Burgwaldkaserne im hessischen Frankenberg, die bestehen bleibe, nur wichtigste Reparaturen notdürftig erfolgt. Dagegen werde eine erst kürzlich generalüberholte Liegenschaft in Hessen geschlossen, in die seit 2008 rund 24,4 Millionen Euro investiert worden seien.
  • Die neue hessische Landesvertretung in Brüssel sei besonders groß und teuer ausgefallen. Ausgeschrieben worden seien knapp 4700 Quadratmeter. Dass jetzt 6116 Quadratmeter notwendig seien, nannte der Steuerzahlerbund nicht nachvollziehbar. Die Vertretung schlage abzüglich angenommener Untervermietungen in den kommenden 30 Jahren mit jährlich 2,4 Millionen Euro zu Buche.
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