Münster-Tatort "Die chinesische Prinzessin":Großzügig aufgetragen

'Tatort' - Axel Prahl und Jan Josef Liefers

Im Tatort "Die chinesische Prinzessin" ist das Verhältnis von Boerne und Thiel etwas anders als sonst.

(Foto: dpa)

Mehr Fürsorge, weniger Reibung - in diesem "Tatort" aus Münster ist die Beziehung zwischen Kommissar Thiel und Rechtsmediziner Boerne anders als sonst. Das ist zwar weniger albern, hilft der Geschichte jedoch nicht besonders.

Von Holger Gertz

Nach mehr als zwanzig Fällen ähneln die Ermittler Thiel/Boerne allmählich sehr den Herren Delling/Netzer in der Spätphase: eine kalkulierte Rivalennummer, der Dialogwitz längst zur Alberei geronnen. Keine üble Idee also, den Münsteranern mal ein schwergängigeres Thema anzuvertrauen. Und mutig genug, nebenbei die überaus treuen Fans zu verschrecken, die sich noch immer dankbar auf die Schenkel hauen, wenn der kinnbärtige Rechtsmediziner ihnen mal wieder etwas von ventrikulärer Tachykardie erzählt.

In diesem Tatort ist die Beziehung zwischen Thiel (Axel Prahl) und Boerne (Jan Josef Liefers) anders als sonst und eigentlich verheißungsvoll: Fürsorge statt Reibung. Thiel muss Boerne raushauen, der in U-Haft sitzt. Er soll die Chinesin Songma umgebracht haben, eine Nachfahrin des Kaisers von China. Außerdem ist sie: international bekannte Performance-Künstlerin und politische Aktivistin und damit möglicherweise Zielperson des chinesischen Geheimdienstes.

Schon hier ist alles ziemlich großzügig aufgetragen - ein Prinzip, nach dem die ganze Geschichte erzählt wird. Sie handelt von Filmrissen, von den Triaden im Besonderen und mafiösen Verstrickungen im Allgemeinen, von geheimnisvollen Büchern und belastenden USB-Sticks. "Was denn noch? FBI, CDU, GEZ?", ruft Thiel, der schließlich noch klären muss, wer einen toten Uiguren mit Flüchtlingspass der Südseeinsel Palau ausgerechnet in Münster abgelegt hat.

Letzter Fluchtweg: Farce

Regisseur Lars Jessen und Autor Orkun Ertener (KDD - Kriminaldauerdienst) haben große Fernsehsachen gemacht, aber diesen Tatort haben sie überladen. Sie erzählen eine komplizierte Geschichte. Sie erzählen diese komplizierte Geschichte an Personen mit komplizierten Namen: Figuren, die einem nicht nahekommen. Songma. Zhao Yu-Tang. Xia Miao, eine junge Frau, die von Thiel bisweilen Miau genannt wird. Aber chinesische Namen falsch auszusprechen ist auf die Dauer auch nur halbwitzig.

Und der letzte Fluchtweg, das Ganze als eine Art Farce zu verstehen oder als Parodie, bleibt auch versperrt - dafür ist die politische Dimension der Story zu ehrgeizig ausgestellt. Der Tatort lässt nicht nur Menschen aus Münster rat- und heimatlos zurück. Immerhin sieht Liefers am Anfang fast so aus wie früher in der Schokoladenkugel-Werbung. Aber auch dieser Eindruck verliert sich.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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