Handy-Affäre:Oppermann will Whistleblower Snowden als Zeugen anhören

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Dokumente von Edward Snowden haben offenbar zur Aufdeckung der Abhörattacke gegen Kanzlerin Merkel durch die USA geführt. Politiker von SPD, Piraten und Grünen fordern daher, den Whistleblower nach Deutschland zu bringen - um ihn als Zeugen zu befragen und ihm Asyl zu gewähren.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestages, Thomas Oppermann (SPD), hat angekündigt, den früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden in der aktuellen Spähaffäre als Zeugen hören zu wollen. In der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" bescheinigte Oppermann Snowden eine "hohe Glaubwürdigkeit". Der US-Informant sei "ein offenkundig wertvoller Zeuge", sagte der SPD-Politiker, erst recht nach Bekanntwerden der Überwachung des Mobiltelefons von Kanzlerin Angela Merkel.

Oppermann stellte zugleich klar, Snowden solle nicht an die USA ausgeliefert werden, falls er nach Deutschland kommen sollte. Er könne sich nicht vorstellen, "dass die Bundesrepublik Deutschland jemanden, der einen schweren Spionageakt gegen die Bundeskanzlerin aufgedeckt hat", in das Land ausweise, "das diese Spionage betrieben hat". Snowden hält sich derzeit in Russland auf. Die Netzaktivistin und Politikerin der Piratenpartei, Anke Domscheit-Berg, forderte, Snowden in Deutschland Asyl zu gewähren. Damit könne Merkel nach dem Überwachungsangriff gegen sie ein "starkes Signal" gegenüber den USA senden.

Grüne fordern Sondersitzung des Bundestages

Der Geheimdienst-Experte Hans-Christian Ströbele (Grüne) forderte die Bundesregierung auf, Snowden "hier in Deutschland Asyl oder sogar Zeugenschutz anzubieten". Es müsse Kontakt zu dem Ex-Geheimdienstmitarbeiter aufgenommen werden - auch um weitere Informationen zu bekommen, sagte Ströbele. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sprach sich außerdem für Konsequenzen in den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA aus. Diese müssten vorläufig ausgesetzt werden.

Zitate von Unionspolitikern zur NSA-Affäre
:Vom Tisch? Von wegen!

Kanzlerin Merkel, Kanzleramtschef Pofalla, Innenminister Friedrich: Über Monate hinweg versicherte die Bundesregierung, die USA würden nichts Verbotenes tun. Süddeutsche.de dokumentiert die Zitate, die plötzlich unfreiwillig komisch wirken.

Zusammengestellt von Michael König, Berlin

Außerdem fordern die Grünen eine Sondersitzung des Bundestages. Das Parlament müsse "über die Erkenntnisse und das weitere Vorgehen der Bundesregierung rechtzeitig informiert und seinerseits als Verfassungsorgan in die Lage versetzt werden, auf die Situation zu reagieren", sagte Britta Haßelmann, die Parlamentarische Geschäftsführerin.

SPD-Chef Sigmar Gabriel übte unterdessen indirekte Kritik an Kanzleramtschef Ronald Pofalla. "Natürlich ist es ungeheuerlich, dass ein amerikanischer Geheimdienst das Handy der deutschen Bundeskanzlerin abhört", sagte Gabriel Spiegel Online. "Ich erinnere mich allerdings noch sehr gut daran, wie Teile der Politik und übrigens auch der Medien die NSA-Affäre vor nicht allzu langer Zeit für 'beendet' erklärt haben. Diesen Fehler dürfen wir nicht wiederholen." Pofalla hatte im August die NSA-Affäre mit den Worten, die Vorwürfe gegen den US-amerikanischen Geheimdienst seien vom Tisch, für beendet erklärt.

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