Doppelte Staatsangehörigkeit:Seehofer will Optionszwang beenden

CSU Horst Seehofer

Horst Seehofers Maut-Pläne sind womöglich doch umsetzbar.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Beim Streit um die doppelte Staatsbürgerschaft geht die Union auf die SPD zu. Das ist gut für die im Werden befindliche große Koalition und schlecht für Innenminister Hans-Peter Friedrich. Denn der liegt mit seinem Parteichef Horst Seehofer über Kreuz.

Seit der Regierungsübernahme von SPD und Grünen im Jahr 1998 hat die Union beim Thema doppelte Staatsbürgerschaft gemauert - nun könnte sich das ändern. Wie der Spiegel berichtet haben die Spitzen von CDU und CSU bei den Koalitionsverhandlungen signalisiert, beim Staatsbürgerschaftsrecht der SPD entgegen zu kommen. Angedacht sei, den Optionszwang abzuschaffen, der überwiegend Deutsche mit türkischen Wurzeln betrifft.

Bislang müssen sich Kinder von Ausländern bis zu ihrem 23. Lebensjahr entscheiden zwischen dem deutschen oder dem Pass ihrer Eltern. Die SPD fordert schon lange eine Abkehr vom Optionsrecht und die Erleichterung von Doppel-Staatsangehörigkeiten.

Die Möglichkeit eines so genannten "Doppelpasses" hatte die Union jahrelang hart bekämpft, unter anderem mit einer umstrittenen Unterschriftenkampagne, die der CDU den Sieg bei der hessischen Landtagswahl 1999 bescherte. Der damalige CSU-Chef Edmund Stoiber behauptete damals, die doppelte Staatsbürgerschaft gefährde die Sicherheitslage in Deutschland mehr als der RAF-Terror.

Seehofers Modell einer "schwebenden Staatsbürgerschaft"

14 Jahre später kommen aus Stoibers CSU andere Töne. "Ich frage mich, ob es noch Sinn macht, die jungen Leute zwischen 18 und 23 Jahren durch diese Zerreißprobe zu jagen", sagte CSU-Chef Horst Seehofer im Spiegel. "Die Bereitschaft, sich in Deutschland zu integrieren, erhöht dies nicht."

Seehofer denkt dem Bericht zufolge an die Einführung einer "schwebenden Staatsbürgerschaft". Bei diesem Modell würde eine Person mit mehreren Staatsangehörigkeiten gerade dort seine Rechte ausüben, wo er seinen Lebensmittelpunkt hat - die andere Staatsbürgerschaft würde in dieser Zeit ruhen.

Neben dem bayerischen Ministerpräsidenten soll auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie andere CDU-Granden wie Fraktionschef Volker Kauder sich für ein Ende des Optionszwanges ausgesprochen haben. Nur CDU-Innenexperte Bosbach warnte vor einer Kehrtwende.

Sollbruchstelle in der CSU

Der pragmatische Schwenk Seehofers offenbart eine Sollbruchstelle innerhalb der bayerischen Regierungspartei. Denn anders als sein Vorsitzender lehnt Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ein solches Zugeständnis an die Sozialdemokraten ab. Friedrich nannte es dem Magazin zufolge einen "Denkfehler" zu glauben, alleine die doppelte Staatsbürgerschaft förderte die Integration. Damit stellt sich er sich klar gegen Seehofer.

Seehofer soll Friedrich angeblich eine Garantie für seinen Kabinettsposten gegeben haben, aber was heißt das schon. Der in der NSA-Affäre ohnehin glücklos bis peinlich agierende Franke erhielt schon mehrfach Sperrfeuer aus der bayerischen Staatskanzlei.

So erklärte Friedrich im August die Spähvorwürfe gegen US-Geheimdienste für ausgeräumt, da korrigierte ihn Seehofer: Die Angelegenheit müsse nach der Bundestagswahl zum "Gegenstand der Arbeit einer neuen Regierung" sein. Wer Seehofer und Friedrich etwa auf Parteiveranstaltungen erlebte, konnte leicht erkennen, wie viele Telefonbücher zwischen die beiden Christsozialen passen.

Friedrich bockt

In diesen Tagen musste Friedrich ohnehin eine weitere Demütigung aus München hinnehmen. Dort signalisierte am Wochenende Seehofer die Abkehr der CSU von der Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate - einem Projekt, für das Friedrich mit Verve gekämpft hatte.

Beim Thema Doppelpass soll der Innenminister bockig auf Seehofer reagiert haben. Während einer Vorbesprechung für den Koalitionspoker lehnte es Friedrich angeblich sogar ab, einen Reformvorschlag für eine Reform des Staatsbürgerschaftsrecht zu erarbeiten. Dies sei dann eben Sache der Parteivorsitzenden, soll Friedrich gesagt haben.

Vielleicht muss sich Friedrich tatsächlich nicht mehr lange mit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes herumplagen. Sondern ein anderer Innenminister.

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