NSA-Affäre:Weißes Haus weiß seit Sommer von Überwachung

Die NSA hat dem "Wall Street Journal" zufolge noch bis vor Kurzem Kanzlerin Merkel und zahlreiche weitere internationale Spitzenpolitiker abgehört - durch eine Prüfung muss die US-Regierung das spätestens seit dem Sommer gewusst haben. Das Weiße Haus reagiert prompt auf den Zeitungsbericht.

US-Regierungsvertreter haben einem Medienbericht zufolge eingeräumt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bis in den Sommer hinein vom US-Geheimdienst NSA bespitzelt wurde. Das berichtet das Wall Street Journal (WSJ) unter Berufung auf namentlich nicht genannte US-Regierungsvertreter.

Präsident Barack Obama habe von der Abhöraktion jedoch erst nach einer internen Untersuchung der US-Regierung erfahren. Sie wurde im Sommer von der US-Regierung in Auftrag gegeben und habe ergeben, dass etwa 35 Spitzenpolitiker aus aller Welt ausgespäht worden seien.

Nachdem die Ergebnisse der Untersuchung vorlagen, sei das entsprechende NSA-Programm beendet worden. Einige der Politiker würden allerdings noch immer abgehört, wie die Zeitung schreibt.

Die Untersuchung legt laut WSJ nahe, dass Obama annähernd fünf Jahre lang nichts von den Bespitzelungen der Politiker wusste. Die Regierungsvertreter sagten der Zeitung, bei der NSA liefen so viele Lauschangriffe parallel, dass es kaum praktikabel wäre, Obama über alle zu informieren. Sie fügten hinzu, der Präsident bestimme zwar die Leitlinien der Informationsbeschaffung. Spezifische Ziele würden aber von nachgeordneten Stellen wie der NSA bestimmt.

Weißes Haus reagiert auf den Bericht

Die Bild am Sonntag hatte unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise berichtet, dass US-Präsident Barack Obama sogar bereits im Jahr 2010 von NSA-Chef Keith Alexander persönlich über den Lauschangriff gegen Merkel informiert worden sei und später ein umfassendes Dossier über sie angefordert habe. Die NSA widersprach dem Bericht. Alexander habe 2010 mit Obama nicht über einen angeblich auch Merkel betreffenden Geheimdiensteinsatz diskutiert, teilte der Geheimdienst mit.

Das Weiße Haus hat die internen Ermittlungen inzwischen bestätigt und reagiert damit auf den Bericht des Wall Street Journal, allerdings ohne sich zu Einzelheiten zu äußern. Die heutige Welt sei technisch stark miteinander verbunden, der Fluss von großen Datenmengen bisher einzigartig, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Caitlin Hayden. "Aus diesem Grund hat der Präsident uns angewiesen, unsere Überwachungskapazitäten zu überprüfen, so auch bezüglich unserer engsten ausländischen Partner und Verbündeten."

Die Untersuchung unter Führung des Weißen Hauses dauere an. Sie ziele darauf ab, "zu überprüfen, wie wir Informationen sammeln, die angemessen den Sicherheitsbedenken unserer Bürger und Verbündeten gerecht werden und den von uns allen geteilten Bedenken hinsichtlich dem Schutz der Privatsphäre". Außerdem solle sichergestellt werden, "dass unsere nationalen geheimdienstlichen Ressourcen möglichst wirkungsvoll unsere außen- und sicherheitspolitischen Ziele unterstützen".

Der republikanische Politiker Peter King verteidigte unterdessen die Abhörprogramme amerikanischer Dienste im Ausland. "Wir machen das nicht zum Spaß", sagte King dem TV-Sender NBC. "Es geht um die Gewinnung wichtiger Erkenntnisse, die nicht nur uns, sondern auch den Europäern helfen." Tatsache sei, dass die NSA Tausende Leben gerettet habe.

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