Iraks Regierungschef Maliki:Mehr Waffen gegen die Gewalt

President Obama meets with Iraqi Prime Minister Maliki at the Whi

Iraks Premierminister Maliki sucht nach Unterstützung für den Kampf gegen die Unruhe im Land.

(Foto: dpa)

Der Irak hat den blutigsten Monat seit fünf Jahren erlebt. Regierungschef Maliki ist angesichts der Gewalt auf der Suche nach mehr Waffen - in Russland wurde er bereits fündig, bei den USA hat er angefragt. Dabei ist es gerade die autoritäte Herrschaft Malikis, die Kritiker für die Spannungen im Land verantwortlich machen.

Von Rudolph Chimelli

Der Premierminister des Irak, Nuri al-Maliki, hat in Washington bei Präsident Barack Obama um verstärkte Waffenhilfe zur Bekämpfung des Terrorismus geworben. Sein Land hat im Oktober mit nahezu tausend Opfern bei Anschlägen den blutigsten Monat seit fünf Jahren erlebt. Insgesamt sind dieses Jahr schon 7000 Menschen, überwiegend Zivilisten, durch Attentate getötet worden. Allein am Sonntag kamen durch die Explosion von Autobomben in Bagdad und im Norden des Irak 66 Menschen ums Leben.

Maliki wollte Apache-Hubschrauber, die zugehörigen Hellfire-Raketen, Flugzeuge, geheimdienstliche Unterstützung und eventuell auch Aufklärungsdrohnen, die freilich von Amerikanern bedient werden sollten. Die letzte Bitte wurde ihm schon in den Vorgesprächen rundheraus abgeschlagen, für die anderen Ersuchen erhielt der Iraker keine konkrete Zusage. Einzig für die Hilfe durch Informationen stehen die Zeichen günstig.

Im US-Senat, wo Maliki bei seinem Auftritt einen schweren Stand hatte, stieß das Verlangen nach Helikoptern auf Ablehnung. Schon vorher hatten prominente Senatoren in einem Brief an Obama darauf hingewiesen, dass die Unruhe im Irak im Wesentlichen auf die autoritäre Herrschaft Malikis, die Verdrängung der sunnitischen Volksgruppe aus einflussreichen Positionen und die Vernachlässigung der Kurden zurückzuführen sei. Amerikanische Kritiker werfen dem Iraker ferner vor, er tue zu wenig dagegen, dass iranische Flugzeuge den Irak überflögen, die das syrische Regime mit Waffen versorgten.

Bemühungen gegen den Terror

Eine Zusage, welche die Amerikaner Maliki abringen konnten, betrifft die beschleunigte Fertigstellung des Wahlgesetzes, nach dem im kommenden Jahr abgestimmt werden kann. Alle gehen davon aus, dass der Premierminister eine weitere Amtszeit anstrebt. Auch nach dem eineinhalbstündigen Gespräch zwischen Obama und Maliki wurde aus der gemeinsamen Erklärung nicht ersichtlich, dass der Präsident sich auf bestimmte Versprechungen eingelassen hätte. Es heißt darin lediglich, dass beide Seiten "aggressive politische Bemühungen" wollten, um die Urheber der Terrorakte "zu isolieren und besiegen".

Diese sind organisatorisch zusammengefasst in einer Gruppe, die sich "Islamischer Staat im Irak und an der Levante" nennt und al-Qaida nahesteht. Schon durch ihren Namen gibt die Organisation zu erkennen, dass sie den syrischen Bürgerkrieg und die bewaffnete Opposition gegen Maliki als zwei Fronten in einem einzigen Kampf ansieht.

Straßensperren mit Trinkgeldern überwinden

Die offizielle Darstellung Bagdads, die Verschlechterung der Sicherheitslage gehe auf das Einsickern syrischer und internationaler Dschihad-Kämpfer zurück, wird von ausländischen Nachrichtendiensten und unabhängigen Beobachtern geteilt. Die Dschihadisten haben grenznahe Lager im Westen des Irak errichtet, von denen aus sie in beide Richtungen operieren. Ihr Vorgehen wird offenbar auch durch die Korruption innerhalb der irakischen Sicherheitsorgane erleichtert. Es scheint, dass die Kampftruppen der Terroristen häufig Straßensperren mit Trinkgeldern überwinden können.

Obama will neue Verwicklungen vermeiden

Nach Äußerungen Obamas wurde viel darüber gesprochen, wie durch die Zusammenarbeit Washingtons mit Bagdad jene Terrororganisation zurückgedrängt werden könnte, die nicht nur den Irak, sondern die ganze Region und die Vereinigten Staaten bedrohe. Die Versicherung des irakischen Premiers, "es gibt keine Problem zwischen Sunniten und Schiiten", die Verfassung bestimme das Geschehen, stieß aber bei den Amerikanern offenbar auf wenig Glauben. Obama hatte den Krieg seines Vorgängers Bush im Irak einmal als "Dummheit" bezeichnet. Noch beim letzten Besuch Malikis vor zwei Jahren hatte er auf einer gemeinsamen Pressekonferenz betonen können, die Gewalt im Irak sei auf einem Rekordtiefstand. Neuen Verwicklungen in den irakischen Dauerkonflikt will der Präsident nach dem Abzug der amerikanischen Truppen offensichtlich aus dem Weg gehen.

Die USA setzen indessen nicht allein auf die Herrschaft des Schiiten Maliki und der soliden Mehrheit seiner Konfession. Vizepräsident Joe Biden hat den sunnitischen Parlamentsvorsitzenden Osama al-Nudscheifi sowie den Präsidenten der autonomen kurdischen Region, Massud Barsani, nach Washington eingeladen.

Nicht nur bei den Amerikanern, auch bei den Russen bemühen sich die Iraker um Rüstungsgüter. Sie haben voriges Jahr einen Vertrag mit Moskau abgeschlossen, der die Lieferung von Ausrüstung im Wert von vier Milliarden Dollar vorsieht. Dazu gehören 40 Hubschrauber und 48 Flugabwehrsysteme. Im April haben die ersten irakischen Piloten ihre Ausbildung auf Mi-35-Helikoptern auf der russischen Flugbasis Torschok abgeschlossen. Nach Mitteilung von Malikis Berater Ali al-Musawi haben die Lieferungen begonnen. Derzeit sind die Russen dabei, wieder die zweitwichtigste Rüstungsquelle für den Irak zu werden.

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