Evangelische Kirche:Mutlos, lustlos

Dass die Evangelische Kirche solche Mühe hatte, einen geeigneten Kandidaten für das Amt des Präses der Synode zu finden, sagt viel über ihren aktuellen Zustand aus. Weil es der Institution an Mut fehlt, wird es immer schwerer, Menschen zu finden, die sich für sie ins Rampenlicht stellen.

Ein Kommentar von Matthias Drobinski

Wer wird Chef des höchsten evangelischen Kirchenparlaments? Dass die Evangelische Kirche in Deutschland solche Mühe hatte, einen geeigneten Kandidaten für das Amt des Präses der Synode zu finden, ehe die Wahl dann auf Irmgard Schwaetzer fiel, sagt viel aus über den Zustand dieser Kirche. Ihr fällt es schwer, Leitungspersönlichkeiten zu finden, die nach innen vermittelbar und nach außen hin profiliert sind.

Vor vier Jahren startete das Kirchenparlament in euphorischer Stimmung: Margot Käßmann, Bischöfin von Hannover, wurde Ratsvorsitzende, Katrin Göring-Eckardt Chefin der Synode. Die Protestanten schienen für ein neues Kirchenbild zu stehen: fromm und doch kompatibel zur Moderne, weiblich, menschennah, mit den Brüchen des Lebens vertraut. Auf Jahre hinaus würde diese Kirche die Meinungs- und Gestaltungsführerschaft in der sich wandelnden religiösen Landschaft übernehmen, dachten viele.

Wenig ist davon geblieben. Zum einen, weil manches von der Euphorie auch Selbstüberschätzung war: Margot Käßmann musste zurücktreten, Katrin Göring-Eckardt hat sich nun für die Politik entschieden. Es fehlte aber auch der evangelischen Kirche der Mut, den Weg weiterzugehen, Konflikte und Kontroversen zu wagen, zum Beispiel, wenn es um Ehe und Familie geht. Da wird es auch mühsam, Menschen zu finden, die sich für ihre Kirche ins Rampenlicht stellen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: