Wohnen im Freizeitpark:In Disney World zu Hause

Feuerwerk über dem Märchenschloss in Walt Disney World, Florida

Wohnen in Walt Disney World, Florida - mit Blick auf das Feuerwerk über dem Cinderella-Schloss.

(Foto: REUTERS)

Mickey Maus als Nachbar: In Walt Disney World in Florida ist das möglich. Gut betuchte Liebhaber der Comic- und Zeichentrickfiguren kaufen dort Häuser, in denen Mickey Maus, Donald Duck und Co nicht nur in den Möbeln verewigt sind.

Von Dawn Wotapka, Wall Street Journal Deutschland

Sam Bergami war seit 1976 über 300 Mal im Walt Disney World Resort in Florida. Nun kommt er nicht mehr als Besucher: Er lebt in dem Freizeitpark.

Golden Oak heißt die geschlossene Wohnanlage, in der er zuhause ist. Es ist der einzige Ort, an dem man innerhalb des Disney-Freizeitparks leben kann. Auf knapp vier Quadratkilometern werden bis zu 450 Wohnhäuser gebaut, mit Blick auf das Feuerwerk über Aschenputtels Schloss.

Ein Haus ist in der Wohnsiedlung ab 1,7 Millionen US-Dollar zu haben. Einige Häuser haben sogar für über 7 Millionen Dollar einen Käufer gefunden. Hinzu kommen die Grundsteuer und jährliche Gebühren von bis zu 12.000 Dollar für die Jahreskarte zum Park, den Shuttle, der Bewohner von ihrem Heim zum Park bringt, Sonderöffnungszeiten zu einigen Attraktionen wie dem Magic Kingdom, und ein 1.580 Quadratmeter großes Clubhaus mit Restaurant und Portier. Die Bewohner werden außerdem Zugang zu einigen Bereichen des 370 Millionen Dollar teuren, 444 Zimmer großen Four-Seasons Hotel erhalten, das kommenden Sommer in Golden Oak eröffnet werden soll.

Die meisten Käufer beschreiben sich selbst als Disney-Fans, und sie kommen aus der ganzen Welt. Brasilianer, die von São Paulo aus direkt nach Orlando fliegen können, gehören zu den größten Käufergruppen. Die meisten legen sich hier Ferienhäuser zu, doch einige wohnen auch dauerhaft in Disney World.

In den Häusern sind überall Mäuse versteckt

Bergami gehörte zu den ersten Käufern in Golden Oak. Sein 3,4 Millionen Dollar teures Haus im spanischen Stil, das er im Januar 2012 gekauft hat, bietet unter anderem gerahmte Grundrisse des Disneyschlosses. "Ich bin überall hingereist, durch ganz Europa", sagt der 69-jährige Geschäftsführer eines Herstellers von Industriegeräten. "Es hat mich immer wieder zu Disney World gezogen. Da fühle ich mich am wohlsten."

Viele Häuser spielen auf Micky Maus und seine Freunde an. (Disney ignoriert in den Häusern bereitwillig Verstöße gegen den Markenschutz.) Die Decke in einem von Bergamis Gästezimmern zeigt den Kopf von Micky Maus. In die Türen sind die Formen des Disneyschlosses, von Donald Duck und Goofy eingeschnitzt.

Hauskäufer haben auch die Möglichkeit, "versteckte Mickys" zu bestellen. Bauleiter Chad Cahill hat in einem Haus, das Anfang des Jahres fertiggestellt wurde, 75 Mausohren versteckt - an Treppengeländern, Küchenwänden und anderswo. Einige sind nicht leicht zu finden, also erhalten die Käufer des möblierten 2,7 Millionen Dollar teuren Hauses eine Karte mit allen Mausohren, wenn sie einziehen.

Nur sieben handverlesene Bauunternehmer dürfen in Golden Oak Häuser bauen. Firmen und Bewohner müssen sich beim Design und der Gartengestaltung an zahlreiche Regeln halten. Haustüren müssen aus Massivholz sein, Kanaldeckel müssen rund und entweder aus Kupfer oder einem anderen hochwertigen Material gemacht sein - rechteckige Kanaldeckel sind nicht erlaubt.

"Man kann keine Abkürzungen nehmen", sagt Rick Watson, Vorsitzender der Firma J. Richard Watson Construction, die in Golden Oak bereits drei Häuser gebaut und drei weitere in Arbeit hat.

Schnitzeljagd nach Micky-Maus-Ohren

Als Gina und Paul Rice aus dem US-Bundesstaat Virginia ihr 835 Quadratmeter großes Haus im toskanischen Stil in Golden Oak bauten, wollten sie Micky eigentlich gar nicht mit in das Design einbeziehen. Am Ende hatte ihr Fünf-Zimmer-Haus 13 versteckte Mäuse. Mickys Kopf mit den markanten Ohren sind auf der Außenwand, auf dem Kamin im Wohnzimmer und in der Form des Swimming-Pools zu sehen. "Es ist fast wie eine Schnitzeljagd", sagt Gina Rice.

Das Paar hat auch einen Feuerwerksturm gebaut, eine überdachte Veranda in der zweiten Etage, auf der man sitzen und das Spektakel im Park beobachten kann. Auf dem Boden des Turms zeigt ein Mosaik die Mausohren, die mit Feuerwerkskörpern ausgefüllt sind. Das ikonische Bild erinnert Rice, eine 60-jährige pensionierte IT-Technikerin, daran, dass sie sich im Herzen der Disney-Welt befindet.

Als die Idee für die geschlossene Wohnsiedlung in Disney World 2007 entstand, schien der Erfolg garantiert zu sein. Doch dann brachen die Finanz- und Immobilienmärkte zusammen. In Orlando, wo während des Booms fleißig gebaut wurde, fielen die Preise zwischen Oktober 2006 und Anfang 2011 um 55 Prozent, berichtet Corelogic, eine Analysefirma für den Immobiliensektor.

Viel Entscheidungsfreiheit haben die Käufer nicht

Doch anstatt die Pläne zu begraben und das Grundstück zu verkaufen, wartete Disney auf den Aufschwung, sagt Page Pierce von Disney Resort Real Estate Development. Seitdem vor zweieinhalb Jahren erstmals Bauplätze in Golden Oak zum Verkauf standen, sind fast 100 der bis zu 450 Einheiten verkauft worden.

Der Disney-Konzern war schon früher in der Immobilienbranche aktiv. In den 90er Jahren hat das Unternehmen die Celebration-Wohnsiedlung mit über 4.000 Eigenheimen im Nordwesten Floridas gebaut. Dort gab es alles von Schulen bis hin zu einem Krankenhaus. Fallende Preise während der Immobilienkrise führten zu Zwangsversteigerungen. Heute ist die Siedlung fast komplett verkauft und wird von den Bewohnern verwaltet. Disney ist nach eigenen Angaben nur noch dabei involviert, die restlichen leeren Grundstücke zu verkaufen.

Mit Golden Oak entschied sich Disney dagegen, eine weitere Kleinstadt zu bauen, und schuf vielmehr ein exklusives Resort für Familien. Das Unternehmen erkannte auch eine Nachfrage nach größeren Häusern auf den relativ kleinen Grundstücken. Disney hält vier der sieben Sitze im Eigentümergemeinderat, um sicherzustellen, dass das Unternehmen langfristig Einfluss auf den dortigen Betrieb hat.

"Die Marke macht viel aus"

"Wenn man dort lebt, dann lebt man nach den Regeln der Eigentümergemeinschaft", sagt Ronna Levy, Maklerin bei der Better Homes and Gardens Real Estate Market America Group, die vor kurzem erstmals das Gelände besichtigte. Die Bauauflagen könnten einige potenzielle Käufer abschrecken, glaubt sie: "Ich glaube, dass einige Menschen nicht so verwaltet werden wollen", sagt sie.

Doch für viele ist es die Marke Disney wert. "Die Marke macht viel aus. Man zahlt für die Location, und für die Vorzüge hier", sagt Michael Crawford, Makler bei der Firma Keller Williams. "Das ist ein großer Mehrwert."

Als Jill Talley hörte, dass Disney eine Wohnsiedlung bauen würde, war sie sofort begeistert. Sie und ihr Mann Jack, ein Manager bei einer Autovermietung, kauften vergangenes Jahr ein Vier-Zimmer-Ferienhaus. Den Kaufpreis wollte Talley nicht nennen. Doch das Haus war ihnen nicht groß genug. Derzeit bauen sie ganz in der Nähe ein größeres Haus mit 540 Quadratmetern. Das kleinere Haus wollen sie später verkaufen, sagt sie. "Wir haben einfach entschieden, dass wir die Möglichkeit haben wollen, dass unsere drei Kinder auf einmal zu Besuch kommen können", sagt sie. "Und wenn wir Enkel bekommen, dann auch die."

Wall Street Journal Deutschland

mehr auf WSJ.de ...

  • Wallstreet Journal Logo WSJ.de

    Dieser Artikel ist im Wall Street Journal Deutschland erschienen. Die besten Wirtschaftsnachrichten der Welt. Auf WSJ.de.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: