Parteitag der Piraten:Thorsten Wirth ist neuer Piraten-Chef

Er war nicht als Favorit ins Rennen gegangen, doch Thorsten Wirth hat den Parteitag der krisengeschüttelten Piraten in Bremen überzeugt. Auch mit markigen Ankündigungen. Der Hesse will jetzt erst einmal klären: "Was ist Scheiße gelaufen?"

Die Piratenpartei hat einen neuen Vorsitzenden. Das frühere Vorstandsmitglied Thorsten Wirth aus Frankfurt am Main wird die Partei künftig führen. Der frischgewählte Parteivorsitzende weiß, worauf er sich einlässt. 2009/2010 war Thorsten Wirth schon einmal Mitglied im Vorstand, seit 2006 gehört er den Piraten an und ist damit einer der alten Hasen in der jungen Partei. Heute arbeitet der Software-Entwickler als Referent der Piraten-Fraktion im Frankfurter Rathaus.

Aufgewachsen ist der 45-Jährige in einem kleinen Dorf in Ostwestfalen, CDU-geprägt, sehr konservativ. Der Vater war jedoch SPD-Mitglied. "Deshalb gehörten wir in diesem Dorf zu den Außenseitern", sagt Wirth. Als politisch prägend nennt er die Auseinandersetzung um die geplante Wiederaufarbeitungsanlage für Atombrennstäbe in Wackersdorf. Dazu kam das Engagement gegen Kernkraft insgesamt, gegen den Golfkrieg und gegen Neonazi-Aktivitäten.

Eine klassisch grün-linke Biografie, und in der Tat sagt Wirth: "Heute sehe ich die Piratenpartei als das, was einst die Grünen waren: einen Vertreter für Bürgerrechte und als Hort politischer Kultur." Inzwischen seien die Grünen "ohne große Ideale", kritisiert Wirth, der auch im Chaos Computer Club aktiv war. Wirth ist realistisch: "Wir haben ein schwieriges Jahr hinter uns." Viele Piraten seien ausgebrannt, müde, enttäuscht vom Misserfolg bei der Bundestagswahl. Deshalb müsste jetzt in Ruhe überlegt werden: "Was ist Scheiße gelaufen?"

In seiner Bewerbungsrede zeigt sich der Vater eines einjährigen Sohnes optimistisch, was die Zukunft der Piraten angeht: "Wir haben viel zu bieten." Ausdrücklich nennt er die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. "Darüber müssen wir Diskussionen anstoßen." Auch zu den transatlantischen Beziehungen hat er eine klare Meinung. Das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA sei ein "Horror", sagt Wirth. "Ich will, dass wir uns dagegen wehren."

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