Nach Kritik an Gabriel-Interview:Seehofer lehnt Einladung zu ZDF-Jahresrückblick ab

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CSU-Chef Horst Seehofer hat für den Jahresrückblick des ZDF abgesagt. (Foto: John Macdougall/AFP)

Vor einem Millionenpublikum hätte er die Wahltriumphe nochmal zelebrieren können, aber daraus wird nichts. Wegen des Disputs um das Slomka-Gabriel-Interview will CSU-Chef Horst Seehofer nicht beim Jahresrückblick im ZDF auftreten. Er wolle "ein Geschmäckle" vermeiden.

Von Matthias Kohlmaier

"Ich wehre mich gegen diese Qualität der Diskussion", "typisch" sei eine derartige Interviewführung, die Fragen "absurd". Das und noch einiges mehr hat CSU-Chef Horst Seehofer in den vergangenen Tagen über das kritische Interview gesagt, das Marietta Slomka im ZDF-heute-journal mit dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel geführt hatte. Eine Beschwerde-SMS an ZDF-Intendant Thomas Bellut und die Ankündigung einer weiteren Beschwerde auf postalischem Wege folgten.

Slomka hatte in dem Interview am vergangenen Donnerstag verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Mitgliederentscheid der SPD über den Koalitionsvertrag angesprochen. Als der SPD-Politiker die Frage ausweichend beantwortete, bohrte Slomka immer weiter nach. Gabriel wies ihre Einwände immer empörter zurück ("Quatsch", "Blödsinn") und warf der Moderatorin Parteilichkeit vor. Dem schloss sich später auch Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück an, der via Bild erklärte, ihm habe ein Interview mit Slomka zuletzt "äußerste Disziplin und Höflichkeit abverlangt".

Slomka vs. Gabriel
:Kommt mal runter

Für manche ist es der TV-Streit des Jahres. Das öffentliche Kabbeln zwischen ZDF-Frau Slomka und SPD-Mann Gabriel. Und dann mischte sich auch noch der CSU-Chef ein. Nun, man kann sich darüber aufregen. Oder es auch sein lassen.

Ein Zwischenruf von Stefan Braun, Berlin

Aus dem seiner Meinung nach inakzeptablen Verhalten des ZDF gegenüber der SPD ("Ich verteidige jetzt die SPD - weil ich für Qualitätsjournalismus bin. Wo sind wir denn eigentlich?") hat Seehofer nun eine Konsequenz gezogen. Eine Einladung zum ZDF-Jahresrückblick Menschen 2013 mit Moderator Markus Lanz lehnte Bayerns Ministerpräsident ab, wie ein CSU-Pressesprecher bestätigte. Am Sonntagabend wird Lanz unter anderem mit Til Schweiger, Bastian Schweinsteiger und Heino auf das Jahr 2013 zurückblicken, aber ohne Seehofer.

Aus Kreisen der CSU will die Zeitung Donaukurier, beheimatet in Seehofers Geburstsort Ingolstadt, erfahren haben: Seehofer verzichte auf den Auftritt, um "ein Geschmäckle" zu vermeiden. Das ZDF reagierte gelassen, ein Sprecher erklärte: "Dass Gäste auch mal absagen, ist nicht unüblich und gehört zum Tagesgeschäft."

Seehofer, und das ist im Zuge der Diskussion immer wieder brisant, sitzt im Verwaltungsrat des ZDF. Nach seiner Kritik in der Causa Slomka-Gabriel war ihm politische Einflussnahme auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorgeworfen worden. "Wir sind in unserer journalistischen Arbeit unabhängig, egal wer in Berlin regiert", sagte Intendant Bellut der Bild am Sonntag.

Er wolle sich laut Donaukurier vor diesem Hintergrund nicht in einer ZDF-Sendung "feiern lassen", sagen Parteifreunde Seehofers. Der Sender könne ihm nicht einerseits als Verwaltungsrat politische Einflussnahme vorwerfen und ihn andererseits zu einer solchen Sendung einladen. Seehofer wird also die Wahlerfolge des vergangenen Jahres nicht nochmal im ZDF-Jahresückblick Revue passieren lassen.

Frostige Beziehungen zwischen Mainz und München

Damit wird der CSU-Chef leben können. Bezüglich seiner Einmischung in die Belange des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist wichtig: Derzeit läuft vor dem Bundesverfassungsgericht ein Normenkontrollverfahren, in dem es um den Einfluss von Parteien in den Rundfunkräten geht. Professor Ulrich Battis von der Berliner Humboldt-Universität sagte zur Passauer Neuen Presse, gemünzt auf die Seehofer-Gabriel-Slomka-Diskussion: "Was sich die Politiker der großen Koalition gerade leisten, zeigt doch, dass es so wie bisher nicht weitergehen darf." Er könne sich vorstellen, "dass sich das Bundesverfassungsgericht das Agieren der Politik im Fall Slomka sehr genau anschaut".

Zumal der Ärger zwischen Seehofer und dem Mainzer Sender nicht das erste Zerwürfnis zwischen CSU und ZDF ist. Erst im vergangenen Jahr hatte der damalige CSU-Sprecher Hans-Michael Strepp beim ZDF angerufen, angeblich um einen unliebsamen Beitrag zu verhindern. Die Geschichte wurde publik, Strepp trat weniger später von seinem Posten zurück.

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