Rede an die Nation:Putin wirbt erneut um Ukraine

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Wladimir Putin während seiner Rede im Kreml (Foto: REUTERS)

"Wir beabsichtigen nicht, als Supermacht angesehen zu werden": In seiner Rede zur Lage der Nation gibt sich Russlands Präsident Wladimir Putin bescheiden. Die Ukraine umwirbt er mit dürren Worten, viel lieber lobt er die Entwicklungen im eigenen Land.

Am Ende fand Wladimir Putin doch noch ein paar Worte zur Ukraine. Es sei wichtig, dass eine Lösung für den Konflikt gefunden werde, die im Sinne Kiews sei. "Wir werden niemandem vorschreiben, was er zu tun hat. Doch wenn unsere Freunde zur Zusammenarbeit mit uns bereit sind, sind wir es auch", sagte der russische Präsident in seiner Rede an die Nation.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Putin anlässlich des 20. Geburtstags der russischen Verfassung bereits mehr als eine Stunde geredet, vor allem über die wirtschaftliche Situation und die Bildung im Lande.

Neue Signale in Richtung der Ukraine oder des Westens enthalten die dürren Worte nicht. Dass Moskau Kiew in die Zollunion holen möchte, ist bekannt. Putin verzichtete auf die Rhetorik, die in den vergangenen Tagen aus Russland zu hören gewesen war: Anfang Dezember forderte Moskau angesichts der Demonstrationen, wieder "Ruhe und Ordnung" herzustellen. Außenminister Sergej Lawrow warnte den Westen vor einer Einmischung, Ministerpräsident Dmitrij Medwedew kritisierte den Besuch des deutschen Außenministers Guido Westerwelle im Kiewer Protestcamp.

Putin sagte zu all dem kein Wort. Stattdessen zeichnete er das Bild eines Russlands in dem eigentlich alles ganz gut läuft und nur noch nachjustiert werden muss.

Weitere Punkte der Rede im Überblick:

  • Demokratie und Menschenrechte: Putin lobte "die geringe Bürokratie bei den vergangenen Wahlen." Auch neue Parteien seien herzlich willkommen. "Es ist gut, dass sie bei künftigen Wahlen eine ernsthafte Konkurrenz für die politischen Urgesteine unter uns sein werden", witzelte der Präsident. Menschenrechte? Auch hier lobende Worte. Menschenrechtsorganisationen seien für die Gesellschaft wichtig und müssten keine politische Beeinflussung fürchten. Kein Wort über das Gesetz, in dem Nichtregierungsorganisationen als "Auslandsagenten" eingestuft werden, wenn sie finanzielle Hilfe von internationalen Geldgebern erhalten.
  • Gesundheit: Die gesundheitliche Versorgung in Russland habe sich klar verbessert, so Putin. Die Sterblichkeit bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen sei gesunken, und man arbeite an einem Versicherungssystem für die Bürger. Außerdem, und das stellte Putin besonders heraus, sei die Geburtenrate stark angestiegen. Der Präsident thematisierte allerdings nicht, dass Russland derzeit eine der höchsten HIV-Ansteckungsraten in der Welt hat. Knapp eine Million Menschen sind mit dem HI-Virus infiziert. Es gibt fast 200 Fälle von Neuansteckungen am Tag, gleichzeitig nimmt die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit der Immunschwächekrankheit zu. Dennoch gibt der russische Staat vergleichsweise wenig für die Bekämpfung der Krankheit aus.
  • Nationalismus in Russland: Putin kritisiert in seiner Rede "die sogenannten Nationalisten und Separatisten". Sie würden versuchen innenpolitische Probleme zu benutzen, um ihren "blutigen Hooliganismus" auszuleben. "Gemeinsam müssen wir ihnen widerstehen." Eine Anspielung auf die Ereignisse Mitte Oktober? Damals hatten mindestens tausend Randalierer ein Einkaufszentrum und einen angrenzenden Markt gestürmt, auf dem hauptsächlich Migranten arbeiten. Autos wurden umgekippt, Verkaufsstände und Fensterscheiben zerstört. Der Mob wollte den Mord an einem jungen Russen rächen. Der flüchtige Täter könnte der Polizei zufolge ein Arbeitsmigrant aus Zentralasien oder dem Kaukasus sein.
  • Migration: Putin kritisierte zwar bestimmte Formen des Nationalismus, kündigte aber gleichzeitig an, härter gegen illegale Arbeitsmigration aus den ehemaligen Sowjetrepubliken vorgehen zu wollen. Es müsse sichergestellt werden, dass die Arbeiter Verträge bekommen. "Illegale Arbeitsmigration führt auch zu ethnischen Konflikten", sagte Putin. Die Einführung einer Visumspflicht für Menschen aus Ländern wie Usbekistan oder Tadschikistan lehnte er ab.
  • Außenpolitik: Bei diesem Thema gab sich Putin scheinbar bescheiden: "Wir beabsichtigen nicht, als Supermacht angesehen zu werden, also als globaler oder regionaler Hegemon", sagt er. Russland wolle "niemandem belehren, wie er zu leben hat." Allerdings bemühe Russland sich, ein Führer in der Weltpolitik zu sein. Als Erfolg verbuchte Putin dabei die nicht-militärische Lösung im Konflikt um die syrischen Chemiewaffen. Die entsprechende UN-Resolution "ist unser Erfolg." Syriens Staatspräsident Baschar al-Assad, den Moskau weiterhin im Bürgerkrieg unterstützt, erwähnte er nicht.

Linktipp: Die komplette Rede im Minutenprotokoll bei Novaja Gazeta.

Mitarbeit: Isabel Stettin

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