Bayern ohne Macht in Berlin:CSU - die große Verliererin im Koalitionspoker

CSU Klausurtagung

Horst Seehofer in St. Quirin am Tegernsee: Seit den Wahlerfolgen bei der Landtags- und der Bundestagswahl konnte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende vor Kraft kaum laufen. Nun jedoch lautet das Fazit: Die große Politik wird ohne CSU gemacht

(Foto: dpa)

Das Entwicklungshilfeministerium. Aha. Den Verkehrsminister. Toll. Und einen neuen Landwirtschaftsminister, der vorher Innenminister war. Vor kurzem konnte die CSU vor Kraft kaum gehen. Doch jetzt wird die große Politik ohne die Bayern gemacht. Wie die Christsozialen sich das schönreden, ist eine Stoffsammlung fürs Kabarett.

Ein Kommentar von Frank Müller

Drei Ressorts in der neuen Bundesregierung, darunter mit der Zuständigkeit für die Digitalisierung im Verkehrsministerium immerhin ein echtes Zukunftsthema - auf dem Papier und rein mathematisch betrachtet, kann sich die CSU über ihre Vertretung in der neuen Bundesregierung nicht beschweren. Auf einem anderen Blatt steht die Frage, was in Berlin inhaltlich vom großspurigen Auftritt der CSU in den vergangenen Monaten übrig bleibt. Seit den Wahlerfolgen bei der Landtags- und der Bundestagswahl konnte Parteichef Horst Seehofer vor Kraft kaum laufen.

Nun jedoch lautet das Fazit: Die große Politik - Innen, Außen, Finanzen, Verteidigung - wird ohne CSU gemacht. Der bleibt dafür der kleinteilige Kampf um die Mühen der Maut, an der sich nun der talentierte Alexander Dobrindt abarbeiten darf. Innenminister Hans-Peter Friedrich wird in ein amputiertes Landwirtschaftsministerium versetzt. Und die Art, wie sich die CSU ihr neues Entwicklungshilfeministerium als "bayerisches Außenministerium" schönredet, kann man gleich in die Stoffsammlung für den Nockherberg 2014 geben.

Es ist die Großspurigkeit der letzten Monate, an der sich Seehofer nun messen lassen muss. Mehr Frauen in die Politik, lautete das Motto. Davon übrig geblieben bei den Christsozialen: Drei männliche Minister und eine aus dem Parteivorstand ausgeschiedene Frau. Wer als Kandidat bei den Erststimmen herausragend abschneidet, hat die besten Chancen bei der Postenvergabe, hatte Seehofer gesagt.

Vom leitenden Angestellten zum Hausmeister

Peter Ramsauer, dem Erststimmenkönig von Oberbayern, wird der Satz in den Ohren klingen. Und ganz besonders skurril ist die "Jobgarantie", die Seehofer seinem Innenminister Hans-Peter Friedrich gab. Mit dieser findet er sich nun in einem Agrarressort wieder, das noch dazu die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz verliert. Die Erkenntnis daraus: Die Art von Jobgarantie, wie sie Seehofer gibt, kann einen jederzeit vom leitenden Angestellten zum Hausmeister machen.

Die Bayern haben nun zwei völlig unterschiedliche Formen der Kabinettsbildung durch Horst Seehofer erlebt. Die Neuformung des Landeskabinetts verlief reibungslos. Seehofer konnte aus dem Vollen schöpfen und brachte eine harmonisch aufgestellte Ministerriege zustande. In der stehen Leistungsträger neben fast schon Gescheiterten, die auf anderen Posten eine zweite Chance bekamen.

Bei der CSU-Repräsentanz in Berlin dagegen ächzt und knirscht es. Die Partei muss nehmen, was übrig bleibt. Horst Seehofer redet sich den Bedeutungsverlust damit schön, dass alle wichtigen Entscheidungen sowieso im Koalitionsausschuss getroffen würden. In dem sitze schließlich er selbst.

Das ist schon recht. Nur: Umgesetzt wird in den Ministerien. Die Chancen, dass die CSU-Anhänger aus diesen in den kommenden Jahren viel Spektakuläres hören sind deutlich gesunken. Und der Partei, die in den letzten Monaten stets betonte, ihr gehe es zuallererst um Bayern, fällt dieses Wahlkampfmotto nun auf die Füße. In Bayern ist sie groß. Aber im Bund ein Stück kleiner.

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