Städtisches Klinikum:Chefin droht Ude mit Klage

Neuerdings entscheidet ein vom Münchner Oberbürgermeister geleiteter Lenkungskreis über die Sanierung des Städtischen Klinikums. Doch dessen Chefin Harrison will die Teil-Entmachtung nicht hinnehmen - und droht nun mit juristischen Schritten.

Von Dominik Hutter und Silke Lode

Elizabeth Harrison, die Chefin des städtischen Klinikums, hat wegen ihrer teilweisen Entmachtung Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) mit juristischen Schritten gedroht. Wie Ude bestätigte, will die seit 2011 amtierende Klinik-Chefin nicht hinnehmen, dass neuerdings ein von ihm geleiteter Lenkungskreis über die Sanierung des finanziell angeschlagenen Konzerns entscheidet. Harrison fühlt sich dadurch in unzulässiger Art und Weise in ihrer Kompetenz beschränkt, zumal da die Geschäftsführung persönlich haftbar ist. Im Rathaus ist man dagegen davon überzeugt, juristisch einwandfrei zu handeln: Aus Kreisen der Stadtspitze heißt es, bei einer GmbH dürfe, anders als bei einer Aktiengesellschaft, der Eigentümer der Geschäftsführung Weisungen erteilen.

Dass Harrison sich nun mit Händen und Füßen wehrt, kommt für Ude nach eigener Auskunft überraschend. Noch in der ersten Sitzung des Lenkungskreises, in dem neben Vertretern der Stadt auch externe Berater sitzen, habe die Klinik-Chefin das neue Gremium als Chance bezeichnet, den ins Stocken geratenen Sanierungsprozess voranzubringen. Nun aber beschränke sich der Kontakt auf "Anwaltskorrespondenz".

Zwei Briefe soll ein Anwalt in Harrisons Auftrag bereits an den Oberbürgermeister geschickt haben - jeweils verbunden mit der Drohung, die Konflikte gegebenenfalls juristisch klären zu lassen. Zunächst ging es um eine Anweisung Udes, wonach die Geschäftsführung sämtliche Schritte zur Vorbereitung eines Sanierungskonzepts künftig mit ihm abzusprechen habe.

In einem zweiten Schritt soll Harrison dem Oberbürgermeister vorgehalten haben, widerrechtlich eine Betriebsversammlung einberufen zu haben. Sie soll erbost darüber sein, dass sie trotz ihrer Funktion als Arbeitsdirektorin nicht zu den Betriebsversammlungen eingeladen wurde, die Ude derzeit an den vier großen Standorten in Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach und Schwabing abhält. Ude hält diesen Vorwurf für absurd - schließlich seien die Termine in Anwesenheit der gesamten Geschäftsführung im Aufsichtsrat vereinbart worden.

Im Rathaus gibt es inzwischen Stimmen, die Harrison als Fehlbesetzung einstufen. Die Vorwürfe sind so heftig, dass schon der Verdacht kursiert, die Stadtspitze wolle Harrison los werden - und weil Abfindungen teuer sind, solle die Klinik-Chefin motiviert werden, aus eigenem Antrieb zu kündigen. Allerdings dürfte es nicht einfach sein, kompetente Nachfolger zu finden: Chefposten bei vergleichbaren privaten Kliniken sind deutlich besser bezahlt.

Kampfabstimmungen bei der Geschäftsführung

Harrison verliert auch innerhalb des Klinikums seit Monaten an Rückhalt. Ihre beiden Kollegen in der Geschäftsführung, der Mediziner Hans-Jürgen Hennes und der kaufmännische Chef Freddy Bergmann, sollen sich gegenüber Ude von den anwaltlichen Briefen im Namen Harrisons distanziert haben. Auch im Tagesgeschäft kommt es nach SZ-Informationen im Kreis der Geschäftsführung immer wieder zu Kampfabstimmungen, bei denen sich Hennes und Bergmann gegen ihre Chefin positionieren.

Harrison ist als Sprecherin der Geschäftsführung eigentlich für die strategische Ausrichtung des angeschlagenen Konzerns zuständig. Wiederholt in die Kritik geraten ist sie vor allem in ihrer zusätzlichen Rolle als Arbeitsdirektorin. Die Gewerkschaft Verdi kritisierte bereits vor Monaten scharf, dass die mehr als 8000 Beschäftigten in die Unternehmens-Sanierung nicht eingebunden würden - ein Prozess, an dessen Spitze eigentlich die Arbeitsdirektorin stehen müsste.

Massiven Ärger und finanzielle Einbußen beschert dem Stadtklinikum auch ein seit mehr als einem Jahr schwelender Konflikt zwischen den Mitarbeitern der Kinderklinik und ihrem Chefarzt. Auch hier wäre eigentlich Harrison gefragt, das Konfliktmanagement hat aber längst der medizinische Chef Hennes übernommen. Vor dem Scheitern stehen offenbar auch Harrisons Verhandlungen mit den Gewerkschaften. Sie sollte sich mit dem Marburger Bund und Verdi einigen, wie die neun örtlichen Betriebsräte zu einem zentralen Gremium zusammengelegt werden können.

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