Michael Herbigs "Buddy" im Kino:Bully wird romantisch

Michael Bully Herbig in "Buddy"

Alexander Fehling (links) als Eddie und Michael Bully Herbig als Schutzengel in "Buddy".

(Foto: dpa)

Eddie ist jung, gutaussehend und vermögend, denn er hat eine Sprudelfabrik geerbt - treibt sie mit seinen Eskapaden aber fast in den Ruin. Gut, dass plötzlich Schutzengel Buddy auftaucht: Was passiert, wenn Klamauk-Meister Michael "Bully" Herbig einen Film über die Allmacht der Liebe dreht.

Von Susan Vahabzadeh

Wonach genau es den Zeitgeist dürstet, das ist ja ziemlich umstritten. Das Kino tut gern so, als wüsste es aus sicherer Quelle, dass der Zeitgeist hochbeschleunigte Action vorschreibt, möglichst brutal, oder total coole Liebeskomödien mit charmanten coolen Typen, die eigentlich widerlich sind - und dann sind in jedem Jahr mindestens die Hälfte der Filme, die richtig erfolgreich gewesen sind, doch eher die, die zu Herzen gehen, "Ziemlich beste Freunde" beispielsweise. Michael Herbig hat vor ziemlich genau zehn Jahren "Der Schuh des Manitu" gemacht, und das ist fast der erfolgreichste Film der Nachkriegszeit, ganz sicher aber der erfolgreichste im wiedervereinigten Deutschland. Mit "Buddy" ist er nun vier Regiearbeiten und vier Drehbücher weiter - und hat sich entschieden, uns zu Herzen zu gehen.

"Buddy" ist natürlich trotzdem eine Komödie, eine sehr romantische sogar: Schutzengel (Herbig) arbeitet sich an widerspenstigem Partylöwen ab, der nicht einsehen will, dass er eigentlich ein ziemlich netter Mensch ist, tief drinnen, wo man es nicht so merkt - und dass da draußen eine Frau auf ihn wartet, die mit seinen üblichen Affären Gott sei Dank wenig gemein hat: "Oh", sagt Buddy, der Schutzengel, als er einer der stark blondierten Damen in Eddies (Alexander Fehling) Leben begegnet, "ein sprechendes Toastbrot!"

Die Figur Bully, mit der Herbig berühmt geworden ist, steckt in "Buddy" drin, da ist er sich treu geblieben, sie ist vor allem in der ersten Hälfte schrill und schräg wie eh und je: Herbig ist ein Meister des Klamauks. Er kann aber eben noch viel mehr. Fangen wir mal damit an, dass es eine ziemlich schöne Geschichte ist, die er sich da ausgedacht hat, von einem coolen Typen, der erst Charme entwickelt, als ihm sein Buddy die Coolness im Rahmen eines großangelegten Exorzismus ausgetrieben hat.

Zur Not erhöht kommt Karel Gott ins Spiel

Eddie ist jung, gutaussehend und vermögend, denn er hat eine Sprudelfabrik geerbt, die er jetzt mit seinen Eskapaden fast in den Ruin treibt. Eines Abends huscht etwas durch seine Wohnung, was nicht mehr weggehen will: Buddy, der Schutzengel, der gekommen ist, um Eddies Leben vom Kopf auf die Füße zu stellen. Eddie zweifelt an seinem Verstand und versucht erst mal, den Kerl, den außer ihm niemand sehen oder hören kann, verhaften zu lassen. Alles, was er damit erreicht, ist eine Nacht allein mit Buddy in der Ausnüchterungszelle - und Buddy hat ganz gemeine Tricks auf Lager, um seinen Schützling zu zermürben: Mit Dauerbeschallung, er singt ihn an. Des Widerspenstigen Zähmung wird mit Abba-B-Seiten und Burt Bacharach erzwungen, zur Not erhöht er auf Karel Gott. Bis Eddie endlich anfängt, sich um die Frau zu bemühen, die ihm Buddy zugedacht hat.

Das ist so eine Art Klamauk-Variante auf Frank Capras "Ist das Leben nicht schön?", Baujahr 1946, größter Weihnachtsfilm aller Zeiten, aber völlig verdreht: Der moderne James Stewart leidet nicht, weil er alles seinen Liebsten geopfert hat, er hat gar keine Liebsten und ist so verstockt, dass er nicht mal merkt, wie schief sein Leben läuft. Schon die Anfangssequenz zeigt dann sehr schön, dass Herbig als Filmemacher auch ein sehr guter Handwerker ist: Da kurvt die Kamera durch ein erstarrtes Saufgelage in Eddies eisig durchgestyltem Designer-Penthouse: Die Party als Wachsfigurenkabinett, faszinierend und irgendwie zum Fürchten.

Sprechendes Toastbrot mit Schlüssel

Lisa ist die Frau, von der Eddie endlich träumen soll, eine alleinerziehende Altenpflegerin mit viel Sinn für Sarkasmus und einer Allergie gegen oberflächliche Hohlköpfe - einer wie Eddie hat ihr gerade noch gefehlt. Mina Tander spielt sie, mit genau der richtigen Mischung aus genervter Unnahbarkeit und Anmut, und wenn man sie stresst, knallt sie ihm hin, kriegt sie Neurodermitis. Eddie wirbt, und übers Werben verliebt er sich dabei wirklich. Leider rächt es sich, dass er dem sprechenden Toastbrot entgegen dem ausdrücklichen Rat seines Schutzengels einen Schlüssel zum Penthouse gegeben hat, was, kaum hat er Lisas Herz erobert, in ein Slapstick-Debakel in Sexy-Krankenschwester-Uniformen mündet. Eddie muss also noch mal von vorn anfangen, und diesmal hat er sogar selbst das Gefühl, dass es um sein Glück geht.

Der Weg dahin kommt einem rasanter vor, als er tatsächlich ist - auch das hat Herbig sehr gut hinbekommen, das zeitgemäße Tempo und ein paar perfekte Actionszenen treiben den Film voran, die Verfolgungsjagd, die sich Eddie im Hamburger Hafen mit einem Jackenräuber liefert, ist perfekt choreografiert und tatsächlich hollywoodreif. Aber dazwischen gibt Herbig seinen drei Hauptfiguren immer wieder genug Raum, sich so weit zu entwickeln, dass man sie tatsächlich gut genug kennenlernt, um sie zu mögen.

Konsequent und auf allen Ebenen

Auf diesem Film lasten natürlich sehr hohe Erwartungen, des großen Erfolgs seiner Vorgänger wegen, "Buddy" wird sogar von seiner eigenen Fernseh-Sitcom begleitet, der Druck ist dementsprechend hoch. Egal, ob der Film diesen Erwartungen an den Kinokassen nun standhält oder nicht: Er ist auf jeden Fall eine Besonderheit des deutschen Kinos, er ist einfach sehr gut gemacht - und er lebt nicht, wie das sonst bei der durchschnittlichen deutschen Erfolgskomödie viel zu häufig ist, vom verfilmten Ressentiment: "Buddy" wirft sich für das ins Zeug, woran er glaubt - das ist vorwiegend die Allmacht der Liebe -, und das hält er, konsequent und auf allen Ebenen, durch.

Bis hin zur Riege schräger, liebenswerter Nebenfiguren - eine zupackende Kaufhauswärterin, eine schwäbelnde Femme fatale und Lisas moppeliger Kollege aus dem Altenheim, der ihr nachstellt, ohne sich Hoffnungen zu machen, und deswegen auch jede Niederlage mit Humor nimmt. Herbigs Film gibt nicht nur vor, romantisch zu sein, er ist es wirklich, er hat in jeder Szene das Herz am rechten Fleck. Und eigentlich sind Abba-B-Seiten ja auch ganz wundervoll. Auch das ist eine Kunst: Dass Herbig es immer wieder irgendwie schafft, den guilty pleasures ihre Unschuld zurückzugeben.

Buddy, Deutschland 2013 - Regie und Buch: Michael Bully Herbig. Kamera: Torsten Breuer. Mit: Michael Bully Herbig, Alexander Fehling, Mina Tander, Daniel Zilmann, Jan-Piet Puddu, Christian Berkel. Warner, 95 Minuten.

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