"Stralsund: Freier Fall" im ZDF:Lass uns später reden

Stralsund - Freier Fall; Wotan Wilke Möhring

Szenenbild aus dem Krimi Stralsund: Freier Fall mit Wotan Wilke Möhring

(Foto: Stephan Persch)

Wotan Wilke Möhring beendet sein Beamtendasein im ZDF mit einem seltsamen Fall. Denn obwohl der Hauptdarsteller groß aufspielt, ist die aufgeblasene Story nicht zu retten.

Von Hans Hoff

Dass Benjamin Lietz es als ZDF-Kommissar in Stralsund nicht mehr lange machen würde, ist schon eine Weile bekannt. Schließlich hat der Darsteller des unkonventionellen Ben längst einen anderen Job - bei der Konkurrenz. Wotan Wilke Möhring ermittelt jetzt im Tatort. Der läuft bekanntlich im Ersten, und wer im Ersten die Fragen stellt, darf das nicht auch noch in einem anderen Programm, es sei denn, er heißt Günther Jauch. Also muss Bens ZDF-Beamtendasein ein Ende haben.

Hat es auch. Doch bevor es dahin kommt, türmen sich erst einmal die Verdachtsmomente. Ben hat sich nachts in die Dienstpläne einer JVA eingeloggt. Von dort wird am nächsten Tag ein wichtiger Zeuge zum Gericht überführt. Bei einem Zwischenstopp gerät der Transport unter Beschuss. Danach sind ein Beamter und der wichtige Zeuge tot. Die Schuld trägt Ben, denn der hat die Dienstplan-Informationen an einen Gangster weitergegeben, um seinen spielsüchtigen Bruder Achim rauszuhauen.

Natürlich funktioniert nichts so, wie sich Ben das gedacht hat. Von Minute zu Minute spitzt sich die Lage zu, merken die Kollegen, dass da einer aus ihren Reihen falsch spielt und irgendwann allein auf die Jagd geht nach den bösen Hintermännern, die seinen Bruder nicht aus ihren Fängen lassen wollen. Dabei kommt so einiges aus Bens dunklen Tagen zum Vorschein, und so ganz nebenbei muss er sich auch noch mit der Tatsache anfreunden, dass er bald Vater wird, denn seine Kollegin Nina Petersen (Katharina Wackernagel) ist schwanger.

Martin Eigler hat diesen Krimi, den er gemeinsam mit Sven Poser geschrieben hat, inszeniert und dabei offenbar kaum auf seine Kunst vertraut. Er flüchtet sich schnell in Masse, wo weniger mehr gewesen wäre. Zu oft müssen die Hauptfiguren Sprüche wie "Lass uns später reden" raushauen, weil jeder rasche Dialog das Voranschreiten der Handlung gehindert hätte. Eigler setzt zudem auf ein Eskalationscrescendo der Marke Einsamer-Rächer-ist-nicht-zu-stoppen und lässt seine Hauptfigur eine Grenze nach der anderen überschreiten. Irgendwann ist Ben nur noch als selbst ernannter Richter unterwegs.

Es fließt viel Blut, und es gibt ordentlich was auf die Fresse. So sind sie halt da oben im Nordosten, scheint die Devise zu lauten. Alle haben ein Geheimnis, und wer kein Geheimnis hat, wirkt wenigstens wie jemand, der etwas zu verbergen hat. Früh ahnt man da, dass es für die Hauptfigur kein Überleben als Kommissar gibt. Spätestens da erlahmt das Interesse am Fortgang der aufgeblasenen Story, die auch ein blendend aufspielender Wotan Wilke Möhring nicht mehr rettet. Alles furchtbar simpel, also furchtbar absehbar.

Stralsund: Freier Fall, ZDF, 20.15 Uhr.

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