Ägypten:Verschwörerisches Puppentheater

Lesezeit: 2 min

Screenshot aus dem TV-Spot. (Foto: N/A)

Die einen finden sie nur niedlich. Verschwörungstheoretiker in Ägypten sehen jedoch in Puppen einer TV-Werbung Werkzeuge der Muslimbrüder. Sie würden Pläne für ein Bombenattentat verbreiten, behauptet ein Blogger. Jetzt ermittelt sogar die Staatsanwaltschaft.

In Ägypten gibt es gerade nicht viel, das wirklich sicher ist. Die politische Lage ist so verworren, dass kaum jemand Fakt von Fiktion unterscheiden kann. Was heute gilt, ist morgen schon wieder ganz anders.

Trotzdem überrascht es, dass jetzt sogar Puppen als politisch gefährlich gelten. Die Staatsanwaltschaft in Kairo ermittelt gegen den ägyptischen Ableger des Mobilfunk-Konzerns Vodafone. In dessen Werbe-Clip mit niedlichen Handpuppen sollen Terror-Botschaften versteckt sein.

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Um was es in dem Clip geht, erklärt die ägyptische Online-Zeitung Mada Masr:

The advert, which was posted on the telecom company's YouTube channel last Friday, features Abla Fahita and her daughter Karkoura, two dolls introduced to the web in recent years.

Abla Fahita is a widow who, in most of the videos, talks about her late husband and occupies her time by gossiping on the phone with her friends, and discussing recipes and her next visit to the tailor.

Fahita is known for using words that are outdated and sometimes difficult to understand, often talking in circles and making little sense. This arguably made it easy for Spider to read into her lines in the new commercial.

Spider, das ist der umstrittene Blogger und Verschwörungstheoretiker Ahmed Spider, der als Anhänger des alten Mubarak- und des neuen, vom Militär getragenen Regimes gilt. Er löste die Kontroverse aus, als er in einer populären Fernseh-Show unter anderem behauptete, die Figur Abla Fahita habe codierte Botschaften an die inzwischen illegale Muslimbruderschaft verbreitet. Die Erwähnung eines Weihnachtstruthahns in dem Tratsch sei, so Spider, ein Aufruf an die Bruderschaft gewesen, christliche Kirchen während des Weihnachtsfestes der Kopten am 7. Januar in die Luft zu sprengen.

"The dog, garage, guard, mall ... these elements tell us that there will be a big mall and an explosion after a dog fails to find the bomb in a car," Spider told Egypt's Tahrir television channel late Tuesday.

So krude die Anschuldigungen sind, sie sorgten für so viel Aufsehen, dass Vodafone, sich genötigt sah, ein Statement abzugeben. Manager des Unternehmens seien am Vortag von Staatsanwälten vorgeladen worden, berichteten Medien in Kairo. Ein Verantwortlicher von Vodafone erklärte:

"I don't know what to say, I'm sad that we have reached this level of thinking..."

In sozialen Netzwerken ruft der Vorfall ungläubiges Staunen und hämische Kommentare hervor. Viele machte sich über Ahmed Spiders "Enthüllungen" lustig. So kursierten Slogans wie "Free Fahita!" oder "Keine Folter für Abla Fahita!".

Auch die Macher der Figur haben unter @AblaFahita schon reagiert:

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Abla Fahita creators mocked the controversy on the doll's Twitter account, calling on its fans to start a Free Fahita hashtag, said they anticipated the doll's arrest and pointed to more of its signature expressions with potential hidden messages. In one tweet the explanation given for the targeting of Fahita with these accusations is that "We pretty widowers are always the victims."

Unter dem Hastag من_وحي_التحقيق# finden sich noch weitere Bilder.

Es ist nicht das erste Mal, dass Vodafone in Ägypten mit Problemen dieser Art konfrontiert ist:

In 2011, Egyptian composer Amr Moustafa alleged that the company's slogan, "the power is in your hands" was an exhortation to protest against Mubarak.

Mehr Informationen zum aktuellen Fall bei Mada Masr und Ahram Online. Die aktuelle politische Lage in Ägypten und die Situation der Muslimbrüder fasst SZ-Korrespondent Tomas Avenarius in diesem Artikel zusammen.

© Süddeutsche.de/Sebastian Gierke/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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