Tatort Köln: "Franziska":Nicht jugendfrei

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Daniel Kehl (Hinnerk Schönemann) hat Franziska (Tessa Mittelstaedt) in seiner Gewalt. (Foto: WDR/Martin Valentin Menke)

So brutal ist der Kölner Tatort, dass er nur nach 22 Uhr laufen darf. Der akute Nervenkitzel um Franziska, die Assistentin der beiden Kommissare, übermalt dabei dramaturgische Schwächen.

Von Holger Gertz

Beim WDR sind sie schon einen Schritt weiter, der zweite Tatort des Tages geht - wie man so sagt - nicht gut aus. Wer unvoreingenommen an die Episode "Franziska" rangehen will, hört jetzt besser auf zu lesen: Spoilergefahr.

Franziska Lüttgenjohann, ewige Assistentin von Ballauf und Schenk, besucht als Bewährungshelferin den Sexualtäter Daniel Kehl in seiner Zelle, der Mann soll bald vorzeitig entlassen werden. Aber das Böse ist nicht verschwunden, es ruhte nur: Kehl nimmt die Bewährungshelferin als Geisel, legt ihr einen Kabelbinder um den Hals, jeden Moment könnte er die Schlinge zuziehen.

Die Bedrohung ist akut, und sie richtet sich gegen eine über viele Jahre gepflegte und positiv besetzte Figur - die Konstellation sorgt für Spannung und appelliert an die Bereitschaft zum Mitfühlen, Mitleiden. Die Tatsache, dass "Franziska" der erste Tatort der Geschichte ist, der aus Jugendschutzgründen in den späteren Abend geschoben wurde, hat den Kitzel noch erhöht.

Zwischen Kontrolle und Unterwerfung

Das Setting übertüncht dramaturgische Schwächen. Wenn man die Gespräche zwischen dem Massenmörder Haarmann (Götz George) und seinem Psychologen (Jürgen Hentsch) aus dem Totmacher noch im Ohr hat, kommen einem die Dialoge zwischen der Geisel Franziska (Tessa Mittelstaedt) und dem Vergewaltiger Kehl (Hinnerk Schönemann) stelzenbeinig vor: "Alles eine Frage der Balance zwischen Kontrolle und Unterwerfung" ist eine bemerkenswert abgeklärte Wendung für einen Mann, der eine Frau wie einen Hund an der Leine hat. Aber schließlich ist es der Mut von Regisseur Dror Zahavi, der bemerkenswert bleibt: der Bruch mit der Tradition. Ausgerechnet ein WDR-Tatort strandet nicht in Gefälligkeit. Ausgerechnet in Köln bleibt die Wurstbude geschlossen.

ARD, Sonntag, 22 Uhr.

© SZ vom 04.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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