Heimatdorf von Hitzlsperger:"Jetzt sind wir sicher noch ein Stück stolzer"

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Thomas Hitzlsperger stammt aus Forstinning, kickte auch im örtlichen Fußballverein. Vor zehn Jahren weihte er dort einen Bolzplatz ein. (Foto: Renate Schmidt)

Mit seinem Coming-out hat der frühere Fußballprofi Thomas Hitzlsperger für Aufregung gesorgt. Auch in seinem bayerischen Heimatdorf Forstinning? Dort reagieren die Menschen ziemlich gelassen - und mit viel Stolz.

Von Isabel Meixner

Stolz sind die Forstinninger auf "ihren Thomas" schon immer gewesen. Fast hätten sie nach der Weltmeisterschaft 2006 einen Balkon ans Rathaus angebaut, um ihren Fußballer gebührend zu empfangen. Einzig: Es fehlte der WM-Titel, und ohne WM-Titel kein Balkon. Nun ist es erneut Thomas Hitzlsperger, der in dem 3500-Einwohner-Dorf im Landkreis Ebersberg Wirbel macht: Weil er sich als erster Ex-Fußballnationalspieler offen dazu bekannt hat, dass er homosexuell ist.

Ein Geständnis, das die Boulevardblätter und deren stumme Verkäufer an der Apotheke allerdings mehr zu beschäftigen scheint als die Einwohner des Ortes, in dem auch Fremde auf der Straße mit Du angesprochen werden und alte Häuser und Höfe noch "Beim Obermoar", "Beim Schillinger" oder "Beim Poimannschneida" heißen.

Thomas Hitzlsperger kennen hier viele entweder persönlich oder seine Eltern und Geschwister. Für sie ist er nicht der Fußballer Hitzlsperger, sondern "der Thomas". Entsprechend gelassen reagieren die meisten auf das Coming-out. "Ich finde das toll", sagt der Mann, der gerade sein Autos wäscht. "Aber ich frage mich: Wen geht die sexuelle Orientierung von jemandem eigentlich etwas an?"

Das fragen sich manche Kunden der örtlichen Bäckerei ebenfalls, die meisten haben vom Coming-out schon am Abend vorher erfahren, aus den Nachrichten oder über den Dorf-Funk. Neben Semmeln, Brezen und Nussschnecke liegen Zeitungen aus, deren Titelseiten Hitzlsperger bestimmt.

Eine Frau, die die Schlagzeile liest, fragt sich, warum sich "der Thomas" das antut, ein Mann nennt den Fußballer mutig. Ansonsten sei das Coming-out unter ihren Kunden kein großes Thema, wohl weil die Familie gut in das Dorf integriert und so beliebt sei, sagt die Bäckerei-Verkäuferin, die die Hitzlspergers seit Langem kennt: "Die sind alle so lieb."

"Eine mutige Entscheidung"

Die Familie selbst will sich zum Coming-out des früheren Fußballprofis nicht äußern, sie verweist auf dessen Medienberater. Dafür redet Bürgermeister Arnold Schmidt, und zwar mehr, als ihm lieb ist: Am Mittwoch hat ihn bereits der Bayerische Rundfunk interviewt, am Donnerstagnachmittag schlägt dann ein Fernsehteam von RTL in Forstinning auf. "Ich habe versucht, sie abzuwimmeln", sagt er und gibt offen zu, dass er den Hype um das Coming-out für übertrieben hält.

Eine Meinung zu dem Thema hat er trotzdem: "Ich finde das eine sehr mutige Entscheidung, die Respekt verdient." Schmidt hat früher mit Hitzlspergers Vater Fußball gespielt hat, dessen Sohn kennt der Bürgermeister von verschiedenen Anlässen, unter anderem vom Empfang nach der WM 2006. "Wir sind ohnehin schon so stolz auf unseren Thomas Hitzlsperger", sagt Arnold Schmidt. "Jetzt sind wir sicher noch ein Stück stolzer."

© SZ vom 10.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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