Sparkurs bei Fluggesellschaft:Tui trimmt Tuifly auf Rendite

Ein Flugzeug der Tuifly

Sparkurs: Tuifly soll künftig höhere Gewinne erwirtschaften

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Reisekonzern Tui will seine Fluggesellschaft Tuifly ausbauen. Zugleich soll die Airline bei Personal und Komfort an Bord jährlich 65 Millionen Euro sparen. Auch ein Stellenabbau ist möglich. Dabei erwirtschaftet Tuifly Gewinne.

Von Kristina Läsker

Seit knapp einem Jahr führt Friedrich Joussen die Tui AG. Gerne stellt der Neue an der Spitze seinen Mitarbeitern ungemütliche Fragen: Warum verkauft Europas größter Reisekonzern in Deutschland so wenige Reisen über das Internet? Wieso betreibt Tui sechs eigene Fluggesellschaften? Welche der vielen Hotels lohnen sich überhaupt? Stück für Stück ackert sich der 50-Jährige durch die vielen Firmen des Reise-Imperiums, inzwischen steckt die Tui mitten im Umbau.

Auch die deutsche Fluggesellschaft Tuifly hat Joussen hinterfragt. Es folgte ein mehrmonatiger interner Streit über Sinn und Unsinn der eigenen Airline. Manch einflussreicher Touristik-Manager hätte das gerne genutzt, um den Ferienflieger ganz loszuwerden, erzählen sie im Konzern. Gesiegt haben die Befürworter, allen voran der Brite Peter Long, Tui-Vorstand und mächtiger Chef der Firmentochter Tui Travel Plc. Tui soll die knallgelben Flieger mit dem roten Smiley behalten - und das Streckennetz und die Flotte sogar noch ausbauen, fordert Long. Seine Sorge: Er will nicht erpressbar werden, etwa, wenn fremde Airlines die Gäste im Auftrag befördern.

Doch das Ganze hat einen Haken: So soll Tuifly zwar im Konzernverband bleiben, doch dazu sollen die Mitarbeiter harte Einschnitte hinnehmen. Es wird sogar erwogen, Jobs in der Wartung ins Ausland zu verlagern. "Ohne Gehaltseinbußen wird es nicht gehen, sonst kommt der Personalabbau", sagt ein Insider. Die Konzernspitze bestätigt diese generellen Sparpläne: "Wir wollen wachsen, aber dafür brauchen wir eine bessere Kostenbasis und Zugeständnisse von den Arbeitnehmern", sagt Dieter Nirschl, Geschäftsführer von Tuifly.

Tuifly ist die viertgrößte deutsche Fluggesellschaft nach der Lufthansa, Air Berlin und Germanwings. Sie ist 2007 entstanden, aus der Fusion von Hapag-Lloyd Fluggesellschaft und HLX. Die Flotte umfasst heute 38 Maschinen, 14 Flugzeuge sind an Air Berlin vermietet.

Die Gesellschaft hat ihren Sitz am Flughafen Hannover-Langenhagen und beschäftigt etwa 2400 Mitarbeiter. Dazu gehören etwa 500 Piloten, 1100 Flugbegleiter und 800 Mitarbeiter des Bodenpersonals. Tuifly steuert Ferienziele rund um das Mittelmeer und die Kanarischen Inseln an - immerhin mit etwa 760 Flügen in der Woche. Weil der Flugzeugpark zuletzt geschrumpft ist, sank aber die Zahl der Passagiere auf acht Millionen.

In Deutschland ist der Markt für Fluggesellschaften rau: Das Angebot übersteigt die Nachfrage, und die Wettbewerber spüren die steigenden Treibstoffkosten. Auch deshalb soll Tuifly sparen und sich bei den Ausgaben an den Billigfliegern orientieren. Jährlich sollen die Kosten dazu um 65 Millionen Euro sinken, so will es die Konzernspitze. Im Gegenzug würden dann mittelfristig vier neue Flugzeuge für Mittelstrecken und zwei weitere Maschinen für Langstreckenflüge angeschafft, heißt es. Intern haben sie dieses Programm "Max Thrust" genannt. Übersetzt heißt das "Maximaler Schub", das ist Cockpit-Sprech und soll große Dynamik ausstrahlen.

In den Ohren der Angestellten könnte dieser Name aber auch zynisch klingen. Denn intern gibt es Ängste, dass dieser Schub nach hinten losgehen könnte. Denn 65 Millionen Euro Kostenersparnis ist ein großer Brocken. So kostet der Betrieb von Tuifly etwa 830 Millionen Euro im Jahr. Davon gelten mehr als 480 Millionen Euro als kaum beeinflussbar. Dahinter stecken Ausgaben für Kerosin, Flughafengebühren und Flugsicherheit.

Tuifly macht Gewinne

Und so sollen die 65 Millionen Euro vor allem zulasten von Kunden und Belegschaft gehen. Von Mai an gibt es an Bord der Urlaubsflieger drei verschiedene Tarife für Touristen, was viele Reisebüros schon als neue Dreiklassen-Gesellschaft bezeichnen. Wer nicht Gast eines teuren Veranstalters ist, muss für das Essen extra zahlen. Zeitungen, Bord-Fernseher und Decken gibt es künftig nicht mehr. Wer gar auf den billigsten Plätzen sitzt, darf nur noch schmale 15 Kilo Gepäck mitnehmen. Diese Maßnahmen sollen dabei helfen, gut 30 Millionen Euro Sachkosten einsparen.

Die restlichen 35 Millionen Euro Ersparnis muss die Belegschaft aufbringen. Das wird nur gehen, wenn die Tarifverträge für die Beschäftigten verschlechtert werden. Im Herbst hat die Konzernspitze den Gewerkschaften Verdi und der Pilotenvereinigung Cockpit ihr Anliegen vorgetragen. Seit November wird verhandelt. "Wir befinden uns in Gesprächen, die wir in den kommenden Wochen abschließen wollen", bestätigt Tuifly-Chef Dieter Nirschl.

Über Inhalte will er nicht sprechen - und das hat Gründe: Intern wurde am Freitag bekannt, dass die Gespräche ins Stocken geraten sind. Denn es sollen womöglich nicht nur die Tarifverträge angetastet werden sowie Nullrunden und Vorruhestandsregeln kommen. Es wird auch erwogen, Teile der Wartungsarbeiten nach Rumänien zu verlagern. Insgesamt arbeiten 350 Techniker in der Wartung - viele müssten damit rechnen, ihren Job zu verlieren.

Magere Rendite

Doch woher kommt der ganze Druck? Warum kann Tuifly nicht ohne Opfer der Mitarbeiter wachsen? Seit Jahren erwirtschaftet die Fluggesellschaft - anders als Air Berlin - Gewinne, auch voriges Jahr war sie nach SZ-Informationen profitabel. Um den Sparkurs zu verstehen, hilft ein Blick auf die Lage des Reiseveranstalters Tui in Deutschland.

Im europaweiten Vergleich steht der Veranstalter bescheiden da: Anders als etwa in Großbritannien gibt es hierzulande heftige Konkurrenz beim Verkauf von Reisen. Deshalb liegt die Umsatzrendite für den Quellmarkt Deutschland (von deutschen Urlaubern gebuchte Reisen) nur bei 2,7 Prozent.

Das ist mager und für Vorstände wie Joussen und Long zu wenig: In Großbritannien und Skandinavien erreichen die Touristik-Manager heute Renditen von sechs bis acht Prozent. Deshalb sollen etliche Firmentöchter und eben auch die deutsche Tuifly mehr Profit abwerfen. Das Programm Max Thrust soll dafür sorgen, dass die Umsatzrendite mittelfristig auf drei und später auf fünf Prozent steigt.

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